100 Jahre      Mikrobiologische Vereinigung München e. V.     1907 - 2007
 


Gerhard Göke – ein Leben für die Naturwissenschaften

Am 3. November 2004 verstarb kurz nach Vollendung seines 75. Lebensjahres Gerhard Göke, der vielen Hagener Bürgern von seinen zahlreichen sachkundigen und kurzweiligen Diavorträgen über Länder aller Erdteile, Kulturen der Völker und die Tierwelt bekannt ist und der vielen Mikroskopikern und den Freunden und Mitgliedern der Mikrobiologischen und Mikroskopischen Vereinigungen in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und Österreichs eine Art Institution war, auf deren Wissen und praktischen Rat man gerne baute.

Schon recht früh entdeckte der gebürtige Hagener seine Leidenschaft für die Fotografie und die Natur, besonders im Zusammenhang mit der Mikroskopie. Nach der Ausbildung zum Chemiker untersuchte Gerhard Göke im Labor der Hütte Haspe der Klöckner-Werke AG Erze und Metalle. Aus dieser Zeit stammen seine ersten Veröffentlichungen auf dem Gebiet der analytischen Chemie. Gleichzeitig schrieb er Beiträge für Fachzeitschriften über zoologische Themen. Sein erstes Buch Meeresprotozoen erschien 1963 in einer naturwissenschaftlichen Schriftenreihe über die „Kleinlebewelt“ im Kosmos-Verlag. Es beschreibt die Meereseinzeller, deren Entwicklung wir über viele Jahrmillionen hinweg verfolgen können, da sie ihren Zellkörper mit einem Skelett aus beinahe unvergänglichen Kalkverbindungen stützen. Im selben Jahr noch folgte sein Fachbuch Methoden der Mikropaläontologie, Sammeln, Aufbereiten und Studium der mikroskopisch kleinen fossilen Organismenreste. Die Forschung um diese Kunstformen der Natur und die Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten haben ihn beinahe sein ganzes Leben begleitet.

Später arbeitete Göke als Leiter einer Abteilung für physikalisch-chemische Messtechnik. In diesen Berufsjahren konzentrierte er sich zunehmend auf die mikroskopische Gerätetechnik. Im Jahr 1988 erschien sein noch immer gesuchtes Standardwerk Moderne Methoden der Lichtmikroskopie, das die technisch-optischen Grundlagen, Einsatzmöglichkeiten und Leistungsgrenzen des Lichtmikroskops ausführlich darstellt.

Ein besonderes Anliegen war es ihm stets, den Liebhabermikroskopikern exaktes technisch-naturwissenschaftliches Mikroskopie-Wissen zuverlässig zu vermitteln. Sein erster Aufsatz im Jahrgang 1954/55 der Zeitschrift "Mikrokosmos" trug den Titel: Eine einfache Methode zur Herstellung von Gesteinsdünnschliffen, sein letzter im Juli 2004: Schöne und seltene Diatomeen: 7. Fundstellen mariner Diatomeen im Neogen Europas. Dazwischen liegen ca. 180 Veröffentlichungen und 50 Jahre. Seine Broschüren über Phasenkontrast- und Polarisationsmikroskopie, Einführung in die Präparation der Diatomeen, in das Studium der Radiolarien, der Foraminiferen und der Silicoflagellaten sind bekannt und beliebt.

Über 30 Jahre wirkte Gerhard Göke in der Naturwissenschaftlichen Vereinigung Hagen e.V., deren Vorsitzender er von 1985 bis 2001 war. In seine Amtszeit fällt der Umzug der Vereinigung in das Umweltzentrum der Stadt Hagen und die Neuorientierung und Aktivierung der verschiedenen Fachbereiche. Die Sektionen Geologie/Paläontologie und Mineralogie unterstützte Ehrenmitglied Gerhard Göke, der selbst über beeindruckende Sammlungen verfügte, tatkräftig und als begehrter Referent. Er war es auch, der den Fachbereich Mikroskopie ins Leben rief, der seit dieser Zeit Mikroskopiker aus dem näheren Umkreis zu regelmäßigen Treffen und Gedankenaustausch zusammenführt. Dieser Fachkreis war auch die Keimzelle für die seit 18 Jahren stattfindenden Internationalen Mikroskopie-Tage in Hagen, die Gerhard Göke mit begründet hat. Leider konnte er den 10. Kongress vom 5.-7. November 2004 mit über 150 Teilnehmern aus Deutschland und den angrenzenden Ländern nicht mehr mitgestalten und miterleben.

Die naturwissenschaftlich interessierten Hagener, die Freunde und Mitglieder der Naturwissenschaftlichen Vereinigungen, die Mineralogen, Paläontologen und besonders auch die Mikroskopiker weit über Deutschlands Grenzen hinaus haben einen großen, engagierten Lehrer, einen uneigennützigen, geduldigen und liebenswürdigen Ratgeber und einen unerschöpflichen Wissensquell verloren.

Hagen, Dachau, Dezember 2004

Jürgen Stahlschmidt, Klaus Henkel



Zur MVM Startseite