Das Schneiden in der MikroskopieDritter TeilDas Abziehen des Messers auf Riemen und Steinvon Klaus Henkel
Zum Teil Schneiden (Einführungsteil) oder Handschneiden oder Mikrotomschneiden Allgemeine Bemerkungenüber die Pflege mikroskopischer MesserNur noch wenige Menschen können ein Rasiermesser richtig anwenden und pflegen. So gibt es z. B. eine kritische Mindest- und Höchstzahl an Streichbewegungen beim Schärfen, sowohl auf dem Stein als auch auf dem Riemen. Manche meinen, je länger sie wetzten, um so schärfer würde das Messer. Das ist falsch. Die Schneide wird bei zu langem Wetzen zu heiß, der Stahl dabei eventuell enthärtet und brüchig, so daß der Grat der Schneide zu leicht ausbricht, sie unter dem Mikroskop eher einem Sägeblatt ähnelt und die Objekte nicht schneidet, sondern zerreißt. Wer sich zum Gebrauch des Rasiermessers entschließt, sei es für die Rasur oder die Mikroskopie, findet nur ein dünnes Rinnsal an Information aus mehr oder weniger verläßlichen Quellen, die alle darunter leiden, daß zwar viele frühere Benutzer Erfahrungen angehäuft, aber so gut wie nichts veröffentlicht haben, um sie weiterzugeben. Das Rasiermesser, seine Anwendung und Pflege ist ein Beispiel für verloren gegangenes Wissen. Die Kunst des Messerschleifens, -schärfens und -abziehens ist hierzulande so gut wie ausgestorben, aber nicht nur bei den Benutzern, sondern anscheinend auch bei einigen Herstellern. Besonders traurig sieht es im Handel aus. Um Rasier- und Mikrotommesser richtig zu pflegen, brauchen wir nur wenige Fertigkeiten zu lernen, müssen sie dann aber richtig und exakt anwenden! Wenn nicht ausdrücklich anders erwähnt, gelten die im folgenden beschriebenen Regeln und Methoden sowohl für das gewöhnliche Rasiermesser für die Bartrasur, für das mikroskopische Rasiermesser als auch für Mikrotommesser. Besonderheiten für das eine oder das andere sind jeweils angegeben. Zum Schärfen oder Abziehen auf dem Stein braucht man besonders feinkörnige Steine aus Belgien, Thüringen, Arkansas oder Japan, und zum Abziehen einen ledernen Streichriemen, für mikroskopische Rasier- und Mikrotommesser sogar einen ganz speziellen. "Früher" war es Brauch, daß Biologie- und Medizinstudenten ihre Rasier- oder Mikrotommesser hingebungsvoll pflegten, und ihr eherner Grundsatz war, ihre Abziehsteine wie ihren Augapfel zu hüten, wegzuschließen und selbst dem besten Freund nicht zu auszuleihen. Denn ohne einen sehr guten, gepflegten und einwandfreien Abziehstein ist auch das beste Rasier- oder Mikrotommesser völlig nutzlos. Die Messer müssen regelmäßig auf dem ledernen Streichriemen abgezogen werden, und wenn das nicht mehr hilft, auch auf dem Stein. Wer ein Messer auf Schärfe prüfen möchte, verfahre wie im nächsten Kapitel beschrieben. Zurück zum Seitenanfang Messer prüfenHaarprobe. Ein scharfes Rasiermesser sollte ein herunterhängendes Haar, das zwischen zwei Fingern gehalten wird, in etwa 1 cm von den Fingern glatt durchschneiden, und zwar ohne Tricks. Daumenprobe. Dann reibt man leicht mit dem Daumen quer über die Schneide hin und her und sollte dabei einen hohen, feinen, zirpenden Ton hören, ähnlich dem einer fernen Grille. Außerdem sollte die Schneide, wenn sie senkrecht auf den Daumen gesetzt wird, so daß das Messer nur mit dem eigenen Gewicht auf ihm lastet, etwas „kleben“ und ganz leicht in die Oberhaut eindringen. Das gilt sowohl für das Rasier- als auch für das Mikrotommesser, aber wenn wir diese Probe mit dem Mikrotommesser machen, ist äußerste Vorsicht geboten, denn Das Messer ist schwer, und eine winzige falsche Handbewegung kann Unheil anrichten. In blutrünstigen Kriminalfilmen können wir sehen, was ein kleines, leichtes Rasiermesser anrichten kann. Doch ein Mikrotommesser ist infolge seiner breiteren und viel längeren Klinge und seines enormen Gewichts noch viel gefährlicher. Nagelprobe. Auf Grat prüfen. Um ein kleines „Schärtchen“ im Grat festzustellen, fährt man mit der Kante des Daumennagels vorsichtig und leicht, ohne Druck über die Schneide des Rasier- oder Mikrotommessers. Dabei spürt man jede kleine Unebenheit der Schneide als abruptes Hindernis. Ein Test auf Schärfe ist das jedoch nicht, sondern auf Vorhandensein von Grat. Daß man beim ersten Ziehen nichts bemerkt, ist noch kein Beweis. Oft brechen beim ersten Mal Stellen aus dem Grat heraus und die Unregelmäßigkeit ist erst beim zweiten Mal spürbar. Druckprobe. Wird der Daumennagel unter nur ganz schwachem Druck von unten her flach an die Messerfacette gepreßt, so muß sich diese deutlich nach oben durchbiegen. Das läßt erkennen, ob der Facettenteil des Messers noch genügend dünn ist und durch Abziehen auf Leder oder Stein bis zur höchsten Schärfe verbessert werden kann. Ist das nicht der Fall, muß das Messer eingeschickt werden. Das Rasiermesser an den Hersteller, das Mikrotommesser an Jung, Heidelberg (Leica Histotechnik, Nußloch bei Heidelberg). Reflexprobe. Wenn die Schneide gegen eine helle Lichtquelle gehalten wird, soll auf der scharfen, senkrecht von oben gesehenen Schneide (nicht Klinge!) kein Reflex zu sehen sein, weil sie praktisch keine Oberfläche hat, die reflektieren könnte. Die Güte einer Messerschneide kann man auch recht gut mit einem Stereomikroskop feststellen, indem man sie von der Seite und von schräg vorne betrachtet. Sichtprobe. Die Sichtprobe macht man auch während des Abziehens auf Riemen und Stein. Normales Hellfeld oder zusätzlich auch mit Auflicht, Vergrößerung 30- bis 200fach. Auch im Auflicht wird kontrolliert: Die Messerschneide darf keine Fläche haben, eine stumpfe erkennt man als relativ breite, leuchtend helle Linie. Wenn dieses Mißgeschick passiert ist, muß von neuem abgezogen werden - ohne Druck! Wenn einer der obigen Tests fehlschlägt, wiederholt man die letzte Pflegephase auf Leder oder Stein mit 4 bis 8 Streichen. Zurück zum Seitenanfang Der Streichriemen
Einen brauchbaren Streichriemen kann man sich durchaus selbst herstellen. Über ein Brett von mindestens 30 cm Länge und 10 cm Breite nagelt man ein Stück aus breitem Flanell, und zwar so daß die Spannägel auf den Schmalseiten des Brettes eingeschlagen werden und der Stoff möglichst glatt gespannt ist. Über dem Flanell wird auf die gleiche Art ein Stück feines Juchtenleder befestigt, mit der "guten", glatten Seite nach oben. Sodann wird mit dem Handballen ordentlich Olivenöl ins Leder gerieben. Auch etwas Diatomeenpaste kann man einreiben. Sie gibt ihm dem Leder seine unvergleichlichen Poliereigenschaften. Früher wurden die Streichriemen "eingebrochen", man glättete sie durch geduldiges Reiben mit einer Glasflasche. Später wurden statt dessen Bimsstein, Seife und Schaumgemische dazu verwendet, eine Folge der schwindenden Handwerkskunst. Denn die zuletzt genannten Methoden ruinieren das Streichriemenleder, indem sie entweder seine Oberfläche aufrauhen, anschwellen lassen oder zerbrechen. Um auch schwere Mikrotommesser auf diesem Streichriemen abziehen zu können, muß das Brett am Tisch fixierbar sein, weil man beide Hände zur Führung des Messers braucht. Deshalb ist es zweckmäßig, den Abziehriemen "doppelstöckig" zu bauen, so daß man ihn am unteren Brett mit einer Schraubzwinge oder Tischlerklemme am Tisch, Fensterbrett o. ä. unverrückbar befestigen kann. Von den Pasten, die den käuflichen Streichriemen beiliegen, also der roten, grünen, schwarzen, läßt man besser die Finger. Ihre Anwendung ist kontraproduktiv, ja sie schaden mehr als sie nützen. Sie sind allesamt rauher und grobkörniger als die feinsten Wassersteine, die man für Rasier- und Mikrotommesser verwenden sollte. Dabei sollte ja gerade ein Streichriemen feiner als ein Abziehstein sein, nicht rauher. Schlimmstenfalls zerstören die Pasten auf dem Abziehleder die Rasiermesserschneide. Die Pastenfarben sind nicht standardisiert, deshalb in ihrer Körnung nicht klassifizierbar. Ursprünglich waren die Pasten zum Schleifen von groben Klingen geschaffen worden, z. B. von Stoßmessern, aber nicht zum Glätten von ganzhohl oder halbhohl geschliffenen Rasiermessern. Es ist deshalb gar nicht zweckmäßig, Streichriemen mit Pasten einzuschmieren, sie sind Schleifpasten, erzeugen Abrieb. Sie mögen früher für den Barbier, der sein Messer ständig benutzte und nicht andauernd auf dem Stein nachschärfen konnte und dessen Messer nahezu Verbrauchsartikel waren, ihre Berechtigung gehabt haben. Er hat deshalb auch von der groben Hanfseite seines hängenden Streichriemens regen Gebrauch gemacht. Für den heutigen Selbstrasierer und den Mikroskopiker aber gilt: Hände weg von Schleifpasten! Einmal verwendet, ist aus dem Streichriemen für immer ein Schleifriemen geworden, der die Schneide ruiniert. Eine Ausnahme machen die gelbe und die weiße Paste. Die weiße ist eine sehr feine Schleifpaste für die Hanf- oder Leinenseite, zwar nicht schädlich, aber auch nicht wirklich notwendig. Und die gelbe ist ein reines Pflegefett für hochwertige Leder- und Juchtenlederriemen. Sie verstärkt etwas den Hafteffekt der Klinge, ihre Abbremsung am Leder, und unterstützt dadurch die Abziehwirkung. Für die Pflege genügt aber im allgemeinen, wenn man etwas Olivenöl mit dem Handballen kräftig ins Leder reibt. Olivenöl hilft auch, alte, angetrocknete Pasten vom Leder zu entfernen. Beim Schneiden wirken unterschiedliche Kräfte auf die Schneide ein, und je feiner und schärfer sie ist, um so leichter entsteht ein schiefer Grat, aus dem bei der leichtesten Berührung obendrein noch Teile herausbrechen. Unter dem Mikroskop ähnelt die Schneide dann eher einem feinen, ungleichmäßigen Sägeblatt. Ich habe solche winzigen, herausgebrochenen Metallzähnchen schon in Präparaten gefunden, allerdings solchen, die mit dem Mikrotommesser geschnitten waren. Selbst winzige Kristalleinschlüsse in Pflanzenzellen wirken oft verheerend auf die Messerschneide. In der Regel wird empfohlen, das Rasiermesser nach dem Schärfen auf dem Stein zuerst auf der groben (roten) Seite des Abzieh-Kantholzes abzuziehen. Für das tägliche Abziehen hingegen ist diese Seite nicht gedacht. Doch wenn das Schärfen auf dem Stein erfolgreich war, gibt es eigentlich keinen Grund, die Klinge auf den gröberen Seiten des Streichriemens abzuziehen. Zurück zum Seitenanfang Wann abziehen?Auch "das beste" Rasiermesser für die Bartrasur sollte mindestens jeden zweiten oder dritten Tag abgezogen werden. Eines für die Mikroskopie jedes Mal.
Manche Rasiermesserhersteller empfehlen deshalb ganz richtig, das Messer auf keinen Fall gleich nach der Rasur, sondern frühestens nach 24 Stunden, also erst kurz vor der nächsten Rasur abzuziehen, weil sich die Mikro-Gratzähnchen der malträtierten Schneide nach einem Tag Ruhe von selbst wieder aufrichten. Der Stahl ist nämlich recht flexibel, er lebt sozusagen. Man sagt auch, "die Wate (Schneide) wächst", d. h. der mikroskopisch erkennbare, hauchfeine Grat auf der Schneide verändert sich beim Schneiden, kehrt aber danach - etwa binnen 24 Stunden - wieder in seine alte Position zurück, er streckt sich und wird wieder hauchfein; die rechte Bildhälfte zeigt das wiederum schematisch. Erfahrene Naßrasierer benützen deshalb ein Rasiermesser höchstens einmal täglich, damit es ausreichende Zeit ruhen kann. Die Gratzähne werden danach nicht aus der Schneide herausgebrochen, sondern wieder „in Linie ausgerichtet“. Auch für den Mikroskopiker ist es deshalb sinnvoll, mehrere Rasiermesser zu benützen, anstatt eines beim Schneiden mehrmals abzuziehen. Daß in den Anleitungen zum mikroskopischen Schneiden empfohlen wurde, das Messer nicht nur vor dem Schneiden, sondern auch gleich danach abzuziehen, hat nämlich einen anderen Grund. Organisches Material überträgt immer Feuchtigkeit auf die Klinge und die Schneide. Aber die winzigen Wassertröpfchen zwischen den Zacken des Grats lassen sich nicht mit einem Tuch abwischen, es wischt über sie hinweg. Legt man das Messer in diesem Zustand für einige Zeit weg, wird sich an der Schneide Rost bilden. Zieht man dann bei späterer Benutzung auf dem glatten Juchtenleder ab, so dringen die Rostpartikel in das Leder und ruinieren es. Oder die Gratzähne gehen nicht gleich ab, sondern erst beim Schneiden und geraten ins Präparat. Deshalb wurde empfohlen, die Klinge nach dem Schneiden auf der groben Seite des Streichriemenkantholzes, z. B. der roten mit ein paar Streichen abzuziehen, damit die rote Paste die Wassertröpfchen aufnimmt und die Schneide mit einem schützenden Fettfilm überzieht. Leider brechen dabei viele Gratzähnchen aus der Schneide. Ich ziehe deshalb nach dem Schneiden nicht ab, sondern trockne die Klinge nach dem Reinigen im scharfen Luftstrom eines Haartrockners, danach lege ich das Messer ohne weitere Behandlung weg. Wenn ich nicht sicher bin, ob ich es an den folgenden Tagen wieder benützen werde, fette ich die ganze Klinge hauchdünn mit Vaseline ein, das ich später vor dem Schneiden mit Alkohol abwische. Zurück zum Seitenanfang Messer ledern
Ist der Messerrücken bei der beschriebenen Bewegung am Riemenende angekommen, so wird die Klinge zwischen Daumen und Zeigefinger am Erl um 180 Grad gedreht, wobei darauf zu achten ist, daß der Messerrücken stets auf dem Leder liegen bleibt. Niemals über die Schneide drehen: Ein Schnitt ins Leder ist schnell getan, ruiniert Leder und Schneide gleichzeitig, und wenn man es so falsch macht, wird es nicht der einzige bleiben! Die Schneide muß extrem scharf und glatt sein, denn bei der Rasur wird ja nicht ziehend geschnitten, sondern das Messer geschoben, und beim mikroskopischen Schneiden würde ein noch holpriger Grat den dünnen Schnitt zerreißen. Die Schneide ist scharf, wenn sie beim Aufstellen auf den Daumen, etwas „klebt“, d. h. durch ihr Eigengewicht etwas in die Oberhaut eindringt. Wenn nicht: nochmals 7 Streiche hin und zurück auf dem Riemen. Ein gutes Abziehleder wird im Lauf der Zeit ein dunkles, glänzendes Aussehen annehmen. Dann wirkt es besonders gut. Der Abziehriemen sollte immer in seiner Hülle aufbewahrt werden, damit sich kein Staub auf ihm absetzen kann, der beim Abziehen die Schneide verletzt. Ein durchaus akzeptables Abziehleder ist auch der Handballen, besonders wenn die Haut mit Creme oder Öl geschmeidig und glatt gemacht ist. Man biegt beim Abziehen auf dem Handballen die Finger und den Daumen möglichst weit nach hinten durch, damit man sich nicht schneidet. Manche Naßrasierer berichten über die folgende, eigenartige Erfahrung. Sie benützen das Rasiermesser bis es nicht mehr schneidet. Dann lassen sie es sechs bis acht Wochen einfach ruhen, ziehen danach mit vier oder fünf Streichen auf dem Riemen ab und das Messer schneidet wieder prima. Unter dem Mikroskop kann man den Grund sehen: Zwischen den Gratzähnchen und in deren Poren setzen sich Rostkrümel an, die nach einigen Wochen beim ersten Abziehen leicht abfallen und dadurch die Schneide wieder dünner und schärfer machen, so daß wenige Streiche auf dem Leder genügen, um die Klinge wieder zu schärfen und zu glätten. Im allgemeinen hat es sich bewährt, die erste Hälfte der Streiche mit leichtem Druck so zu führen, daß er etwa dem doppelten Messergewicht entspricht, die restlichen Streiche aber nur mit dem Gewicht des Messers. Die Hand führt also das Messer nur. Das alles gilt im Prinzip für beide Messertypen, das Rasier- und das Mikrotommesser. Zwei wichtige Unterschiede gibt es aber: Erstens sollten wir das Mikrotommesser mit beiden Händen sicher über das Leder führen, auch dann, wenn ein Handgriff ans Messer geschraubt wird. Es ist einfach zu schwer als daß wir es einhändig gut führen könnten. Ferner muß beim Mikrotommesser die Abziehvorrichtung auf den Rücken der Klinge geklemmt oder geschraubt werden. Die hier abgebildeten Gegenstände sind für Mikrotommesser bestimmt. Die Abziehvorrichtung, der Streichriemen mit Klemme von Jung, die Streichriemen und der Vierkantstreichriemen von Reichert. Das ist alles massiver als bei den Utensilien für ein Rasiermesser.
Zurück zum Seitenanfang Welchen Wetzstein nehmen ?Nicht alle Steine eignen sich gut für Rasier- und Mikrotommesser. Der Levantiner, der grüne aus Spanien, die aus der Lorraine und die schwarzen aus England sind zu weich und haben zu große Poren, die lange, weiche Zähne auf der Schneide hervorbringen, welche sich zur Seite biegen oder abbrechen, wenn sie die Haut oder das Holundermark berühren. Ein guter Wetzstein soll nicht zu hart sein, mit zu kleinen, dichten Poren, noch zu weich, doch lieber zu hart als zu weich. Zu weiche erzeugen rauhe, weiche Zähne des Grats, bei zu harten dauert das Wetzen etwas länger. Wenn man eine Nadelspitze oder die Fingernagelkante glatt und ohne viel Widerstand über die Oberfläche des Steins führen kann, ist er hart genug. Die derzeit gehandelten Steine sind natürlich oder synthetisch und können trocken, mit Wasser oder mit Öl benützt werden. Mit Ölsteinen erreicht man keine so glatte Schneide wie mit sehr feinen Wassersteinen. Da nur sehr feinkörnige für Rasier- und Mikrotommesser infrage kommen, werden andere hier nicht erörtert. Feine und feinste Natursteine sind erhältlich als der Arkansas, der Belgische und der Japanische Wasserstein. Gute Natursteine können 50 bis 500 Euro kosten, je nach Größe und Beschaffenheit. Die einzigen für unseren Zweck geeigneten Natursteine sind die Pierres à Rasoires aus den Höhlen um Liége in Belgien. Sie sind milchfarben oder gelblich. Die früher lieferbaren Steine heißen Pierres de la Venette, das sind die „Alten Steine“. Sie sind die besten, und sie werden in der älteren Mikroskopieliteratur ausschließlich empfohlen. Sie wurden 50 Jahre lang nicht mehr in der alten Qualität abgebaut oder gehandelt, weil infolge von Erdbeben und tektonischen Bewegungen dort im allgemeinen nur kleinere Steine als früher gebrochen werden konnten. Marmorierte Steine oder von Adern durchzogene sind mitunter weniger gut. Auf ihnen kann man oft kleine harte Körner fühlen, welche die Messerschneide ruinieren. Seit kurzem werden aber der gelbe und der blaue belgische Stein wieder in der alten Qualität in einer neu erschlossenen Grube abgebaut und als Belgische Brocken gehandelt; sie sind empfehlenswert. Auch den guten Thüringer Wasserstein gibt es inzwischen wieder. Auch er wird hiermit empfohlen. Die Preise sind erschwinglich. Synthetische Steine sind vollständig künstliche Steine oder aus zerstampften Natursteinen zusammengesetzt. Einige dürfen nur mit Wasser, andere sollten nur mit Öl, aber alle Natur- und Synthetiksteine können auch durchaus trocken verwendet werden. Synthetischer Wasserstein schärft schneller als andere von gleicher Körnung. Trotzdem ergibt er eine viel feinere Schneide in kürzerer Zeit. Die Frage, ob man trocken oder naß wetzen solle, ist nach wie vor offen. John Juranitch, North, Mn, USA will herausgefunden haben, daß flüssig verteilte Partikel beim Naßwetzen die Schneide stumpf machen. Er empfiehlt, trocken zu wetzen und den Stein dann mit einem Tuch oder Wasser zu säubern. Ich möchte mich dem nicht so ohne weiteres anschließen, denn trocken gewetzte Schneiden werden im allgemeinen zu heiß, so daß eine Enthärtung möglich ist. Man darf auf Wassersteine niemals Öl aufbringen, sonst sind sie für unsere Zwecke nicht mehr brauchbar. Das Öl füllt die Lücken in der Körnung aus, saugt den Abrieb hinein und macht dadurch die Oberfläche des Steins so glatt, daß er zum Abziehen nicht mehr taugt. Entscheidend ist, daß ein Stein beim Abziehen immer reichlich benetzt ist, weil sonst eine grobe Zähnung entsteht, denn die Körner können den Stahl voll angreifen. Die zu grobe Zähnung kann auf dem Streichriemen nicht mehr entfernt werden. Auch kann durch zu wenig Flüssigkeit die Schneide zu heiß und enthärtet werden. Zum Stein wird in der Regel ein Aufreiber verwendet, das ist ein kleineres Stück des gleichen Steins. Der Wetzstein wird zunächst mit viel Wasser gut abgewaschen bis er wieder völlig glatt und sauber ist. Dann legt man ihn auf einige Lagen Zeitungspapier flach vor sich hin, trägt reichlich Wasser auf und führt mit nur mäßigem Druck den Aufreiber flach darüber, bis ein feiner Schleifschlamm entstanden ist. Zwar ist die Methode bewährt, doch der Nutzen des Aufreibers durchaus strittig. Nach dem Abziehen wird der Stein mit reichlich Wasser gereinigt und sorgfältig an der Luft getrocknet. Danach sollte er immer in einer Holz- oder einer festen Pappschachtel aufbewahrt werden, damit er nicht beschädigt wird. Fazit: Empfehlenswerte Steine Dieses Kapitel soll ein Zitat abschließen. Dr. Dieter Krauter in Das Kosmos-Mikrotom. II. Abziehen des Messers auf Riemen und Stein. Mikrokosmos 68 1979 119-124: "Wir brauchen einen möglichst feinkörnigen, vollkommen ebenen Stein mit hartem Bindemittel in den Mindestmaßen 20x5 cm. Er wird ausschließlich zum Schleifen der Mikrotommesser benützt; man leiht ihn niemals aus, auch nicht dem besten Freund." Zurück zum Seitenanfang Rasiermesser wetzenAuch ein sehr gutes Messer wird wie ein schlechtes schneiden, wenn es nicht ordentlich auf dem Stein abgezogen ist. Nach dem Schliff in der Fabrik ist die Schneide ein dünner, weicher und labiler Grat, der sich unter leichtestem Druck zur Seite biegt. Der Wetzstein muß ihn beseitigen. Die Klinge des Rasiermessers wird flach auf den Stein gelegt, so daß Messerrücken und Schneide ihn gleichermaßen berühren, und mit der Schneide voraus (!) flach in diagonaler Richtung so über die volle Länge des Steins geschoben, daß die ganze Klingenbreite bei jedem Zug gewetzt wird, jedoch niemals mit der Schneide über die schmale Steinkante hinaus. Der Druck der Hand auf die Klinge soll minimal sein, nicht höher als das Messergewicht selbst, damit das Messer nicht vom Stein kippt, bzw. es soll der Druck durch die Hand den Gewichtsdruck des Messers nicht mehr als verdoppeln, doch sollen die letzten drei oder vier Streichbewegungen allein mit dem Messergewicht geführt werden. Am Ende jedes Streichs wird das Messer zwischen Daumen und Zeigefinger am Erl (zwischen Klinge und Griffschale) mit dem Rücken (!) auf dem Stein gedreht und dann wiederum diagonal in die Gegenrichtig geschoben. Diese Prozedur wird etwa 12 Mal wiederholt, bei größeren und schwereren etwa 24 Mal. Wichtig ist, daß das Messer immer wirklich flach aufliegt. Man unterschätze diese Schwierigkeit nicht und führe die Messerklinge nur mit beiden Händen. Man unterlasse flotte Streiche, wie man es mitunter beim Friseur am Riemen sieht, sondern schiebe die Klinge sorgfältig und mit Bedacht über den Stein, damit man sicher sein kann, daß sie wirklich flach aufliegt.
Will man das Rasiermesser ausschließlich zum Schneiden auf der Glasplatte des Hand- oder Tischmikrotoms verwenden, könnte eine Abziehröhre beim Abziehen durchaus aufgeklemmt werden, doch muß man sie dann unbedingt auch beim Schneiden verwenden. Ist die Facette nur auf der oberen Klingenseite, kann die flache Seite ohne Facette aber ebenso gut flach über die Glasplatte des Handmikrotoms bewegt werden. Früher meinte man, die Facettenkante müsse parallel zur Schnittebene geführt werden, so wie das auf der obigen Abbildung des Messers auf dem Stein zu sehen ist. Doch viele Untersuchungen bei den Mikrotomherstellern lehren, daß das nicht stimmt, denn der Anstellwinkel muß in Wirklichkeit noch steiler sein. Beim Mikrotom läßt sich der leicht am justierbaren Messerhalter einstellen. Bei einem Rasiermesser müßte man, wenn man denn unbedingt mit Abziehröhre wetzen will, eigentlich zwei verschiedene verwenden, eine beim Abziehen und eine mit noch größerem Durchmesser beim Schneiden. Das ist aber alles viel zu umständlich und keineswegs narrensicher. Deshalb ist es ebenso gut, wenn man auch beim Schneiden auf dem Hand- oder Tischmikrotom mit der freien Hand führt und Gefühl und Erfahrung entscheiden läßt, wie man das Messer dabei zu halten hat. Das Messer beim Abziehen mit der Schneide voran in kleinen Kreisen über den Stein zu bewegen, wie gelegentlich empfohlen, ist nicht zweckmäßig, weil der Stein dabei nicht in seiner ganzen Länge beansprucht und deshalb ungleichmäßig abgerieben wird. Mit so einem Stein bekommt man bald keine gleichmäßige Schneide mehr an die Klinge. Weil die Steine recht teuer sind, muß man darauf achten. Mit dem Wetzen sollte man aufhören, sobald die Schneide leicht in die Haut des Daumens schneidet, wenn man ihn vorsichtig auf ihr reibt. Andernfalls nochmals 4 bis 5 Streiche vor und zurück. Man darf nicht zu lange wetzen, weil der Grat sonst zu dünn wird, bei der geringsten Berührung sofort abbricht und die Klinge dann rauh und stumpf ist, oder sich von neuem ein Grat bildet. Ein rauher Grat fühlt sich wie eine Säge an, ein feiner kann übersehen werden, weil man ihn manchmal gar nicht spürt. Dann hilft die Nagelprobe wie oben beschrieben, aber zwei Mal, weil beim ersten Mal diejenigen Gratzähne, die "labil" sind, destabilisiert werden und daraufhin bei der zweiten Nagelprobe abfallen oder sich zur Seite umbiegen. Vier oder fünf Streiche auf dem Stein genügen dann, um die Schneide wieder zu glätten. Sie ist gut, wenn sie wieder so in die Daumenhaut eindringt wie vor dem Daumennageltest. Diese Prüfung wird von Praktikern und Fachleuten als die schlüssigste und zuverlässigste angesehen. Wenn die Messerqualität nicht erstklassig ist, kann die beschriebene Prozedur den Grat nicht beseitigen. Dann sollte man den Messerrücken zwei Millimeter anheben, so daß nur die Schneide auf dem Stein aufliegt, und die Klinge mit dem Messerrücken voraus über den Stein bewegen, wenden und mit der Schneide voraus wieder zurück. Das wird den Grat vermutlich abfallen lassen. Danach 5 oder 6 normale Streiche mit der Schneide voraus über den Stein, jeweils vor und zurück. Ein mikroskopisches Rasiermesser an die Messerschmiede oder Stahlwarenfabrik zum gründlichen Abziehen einzuschicken, wie es die Profis in den Instituten mit Mikrotommessern machen, sollte man vermeiden, weil es durch die hohe Schleiftemperatur am runden Maschinenschleifstein enthärtet werden könnte. Zudem hat jedes Messer seine Eigenheiten und besonderen Eigenschaften, die nur richtig kennt und berücksichtigen kann, wer es täglich benützt. Doch kann das Nachschleifen durch einen Fachmann in der Fabrik durchaus einmal notwendig werden, wenn Scharten in der Schneide sind. Ein mikroskopisches Rasiermesser würde ich jedenfalls nicht einschicken, denn die sind nicht so teuer, daß sich diese Ausgabe samt teurem Porto lohnte. In der Preisliste 2005 von Thorns in Göttingen steht so ein Messer mit knapp 30 Euro verzeichnet. In England bekommt man bei Northern Biological Supplies, Ipswich, eines für etwa 15 Euro, und eines für Linkshänder kostet nur wenig mehr. Zurück zum Seitenanfang Mikrotommesser wetzenWann soll man das machen? Die Dauerhaftigkeit der Schneide, man sagt auch die Standzeit der Klinge hängt von der Art der Objekte ab, die geschnitten werden. Einige wie Holz, Knochen, Häute und andere faserige Stoffe, sind sehr zäh und malträtieren die Schneide, andere scheinen keinen Einfluß auf die Standzeit der Klinge zu haben. Hinzu kommt, daß das richtige Einstellen des Abzugswinkels am Mikrotom auch gelernt werden muß, weil ein nicht idealer die Schneide strapaziert. Es gibt auch Schärfautomaten für Mikrotommesser, sie sind aber für Amateure kaum erschwinglich. Außerdem schärfen sie nicht nur die Schneide, sondern schleifen zu viel Material von der Klinge ab. Die Messer werden auf diese Weise von Gebrauchsgegenständen in Verbrauchsmaterial verwandelt. Was über das Schärfen des Rasiermessers gesagt wurde, gilt auch für das Mikrotommeser, im Prinzip wenigstens. Abweichungen ergeben sich aber allein schon durch das wesentlich höhere Gewicht eines Mikrotommessers von 16 bis 30 cm Länge. Besonders die längeren Messer sind so schwer, daß man sie auf keinen Fall einhändig über Leder oder Stein führen kann, auch dann nicht, wenn ein Handgriff angeschraubt ist. Ein Verkanten auf dem Stein führt unweigerlich zu einer beschädigten Schneide. Während der ersten Streiche drücken wir nur sehr wenig auf das Messer, danach sorgen wir nur noch mit der Hand, daß das Messer mit seinen eigenen Gewicht aufliegt und weder abhebt noch verkantet.
Ist das Messer noch ganz neu, stimmt möglicherweise der Abzugswinkel nicht, so daß zunächst eine Facette gleichmäßig über die gesamte Klingenlänge angeschliffen werden muß. Bevor man den ersten Streich auf dem Stein tut, wird er gründlich mit Wasser abgespült, damit kratzende Staubteilchen entfernt werden. Danach wird er auf einige Lagen Zeitungspapier gelegt und mit Wasser ganz bedeckt und eventuell mit dem Aufreiber behandelt. Auch beim Mikrotommesser verfahren wir nach der amerikanischen Methode. Wir setzen das Messer mit aufgezogener Abziehhülse mit der Schneide voraus ans links-untere Ende des Steins und schieben es ohne Verkanten und Abheben - also langsam und aufmerksam mit ganz sanftem Druck - nach rechts oben, bis die Schneide am oberen Ende angekommen ist. Das Messer wird dann über den Rücken, d. h. über die Abziehhülse gewendet und denselben Weg mit der Schneide voran wieder zurück geführt, von rechts oben nach links unten. Diese beiden Striche drei- bis viermal wiederholen; dann das Messer von rechts unten nach links oben schieben usw - ebenfalls drei- bis viermal wiederholen. Wenn keine winzigen Scharten auszuschleifen waren, sollte die Facette jetzt ordentlich gesetzt sein (unter dem Mikroskop prüfen, Vergrößerung ca. 20- bis 40fach im auffallenden Licht), sonst wetzt man etwas länger, immer gleichmäßig mit regelmäßigem Wechsel der Streichrichtung. Die Facette darf am Schluß keine Zähnung zeigen.
Nach dem Wetzen wird der Stein sorgfältig unter fließendem Wasser abgespült, gut abgetrocknet, an einen sicheren Ort zum Austrocknen gelegt und sodann sicher in einer Schachtel aufbewahrt. Auch das Messer wird gründlich abgespült und abgetrocknet. Man darf jedoch mit dem Tuch nicht die Schneide entlangfahren, sondern sie höchstens sanft abtupfen. Am besten kann man die winzigen, zwischen den Zähnchen des Grats sitzenden Wassertropfen mit einem Haartrockner entfernen. Wenn man glaubt, daß die Schneide noch nicht perfekt ist, und das wird wohl der Normalfall sein, wird das Messer nun auf dem Riemen abgezogen. Auch dabei lasse man sich Zeit und führe die Streichbewegungen langsam und sorgfältig aus. Dieses Kapitel schließt ebenfalls mit einem Zitat von Dieter Krauter (1979). Er schreibt: "Der berühmte amerikanische Mikroskopiker Peter Gray fordert, man solle keinem Anfänger einen Streichriemen in die Hand geben, ehe er nicht auf dem Stein so einwandfrei schleifen kann, daß sich ein nachträgliches Polieren auf dem Streichriemen erübrigt. (P. Gray, The Microtomist's Formulary and Guide, London 1954.) Das ist nur wenig übertrieben: Mit etwas Übung kann man die Facette mit ein paar Strichen auf dem Stein so scharf und gratfrei setzen, daß man auf das anschließende Abziehen auf dem Leder notfalls verzichten kann." Zurück zum Seitenanfang Zum Teil Schneiden (Einführungsteil) oder Handschneiden oder Mikrotomscheiden
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