100 Jahre      Mikrobiologische Vereinigung München e. V.     1907 - 2007
 



Das Schneiden in der Mikroskopie

Vierter Teil

Das Schneiden mit dem Mikrotom

von Klaus Henkel



Die Mikrotomtypen
Messer: Material und Geometrie
Umgang mit dem Mikrotom
Fehlerliste - kurzgefaßt
Mikrotompflege
Umgang mit dem Messer
  Messerpflege
Objekte einbetten
Die Paraffintechnik
Zuschneiden und Aufblocken
Strecken und Aufziehen
Entparaffinieren, Färben, Eindecken



Die Vorteile des Mikrotomschneidens

Vergleiche der Instrumente Rasiermesser und Mikrotom sowie der Komplexität der Schneideverfahren mit ihnen lassen eine Vielzahl von Vorteilen des Mikrotomschneidens gegenüber dem Handschnitt vermuten. Doch dem ist nicht so. Die Vorteile des Mikrotomschneidens lassen sich sehr kurz zusammenfassen:

- Anfertigung von Schnitten gleichbleibender, definierter Dicke;
- geringere Schnittdicken als mit dem Handmikrotom;
- Schnittserien - zur Rekonstruktion von Organen oder zur Weitergabe an mehrere Empfänger;
- Schnitte durch hartes Material beinahe jeder Art (mit speziellen Mikrotomen);
- großflächige Schnitte, z. B. durch komplette Organe wie Leber oder Gehirn (mit Spezialmikrotomen).

Die wesentlichen Vorteile gegenüber dem Handschnitt sind damit schon aufgezählt. Aber es sind entscheidende Vorteile in der klinischen Mikroskopie, der Anatomie und der biologischen Forschung, derjenigen Fachgebiete also, in denen zahlenmäßig bedeutende Anteile von mikroskopischen Präparaten hergestellt werden.

Als Nachteil des Mikrotomschnitts schlägt schwer zu Buch, daß die Einbettung der Objekte zeitraubend, teilweise kompliziert ist und etliches an Verbrauchsmaterial wie Chemikalien und - je nach erwünschtem Komfort - an technischen Einrichtungen erfordert.

Ganz anders liegt die Situation bei modernen lichtmikroskopischen Verfahren und der Elektronenmikroskopie, die allesamt ohne ausgesprochene Mikrotom-Dünnschnitte gar keine Grundlage hätten. Variiert die Schnittdicke für die herkömmliche Lichtmikroskopie noch zwischen 10 und 50 µm, bei modernen Verfahren zwischen 0,5 und 10 µm (Dünnschnitte), so benötigt man für die Elektronenmikroskopie mit Vergrößerungen bis 100.000fach und einem mehrfachen davon normalerweise Schnittdicken in der Größenordnung von 10 nm (Ultradünnschnitte). Wie in der Anatomie der Handschnitt zur anfänglichen Orientierung dienen mag, so übernimmt diese Rolle für die Elektronenmikroskopie der Mikrotom-Dünnschnitt.

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Die Mikrotomtypen

Jedes Mikrotom besteht im wesentlichen aus drei Hauptteilen:

  • Basis (Gestell, Mikrotomkörper)
  • Messerhalter mit Messer
  • Objekt- oder Gewebehalter

Es gibt zwei Mikrotomtypen, das Schlittenmikrotom und das Rotationsmikrotom nach Minot.

Die meisten Mikrotome funktionieren auf folgende Weise: Der Objekthalter mit dem Objekt wird in Richtung auf die Messerklinge geschoben, die fest und sicher im Messerhalter eingespannt ist. Diese Schneidebewegung kann horizontal oder vertikal erfolgen. Beim Schlittenmikrotom wird das Messer gegen das fest eingespannte Objekt geführt. Die Bewegung ist mit dem Vorschubmechanismus gekoppelt, so daß der Objekthalter nach jedem Schnitt um die eingestellte Schnittdicke angehoben wird. Die Schnittdicke kann im allgemeinen zwischen 0,5 und 50 µm eingestellt werden; bei Ultradünnschnitt-Mikrotomen zwischen 60 nm oder dünner bis über 500 nm.

Beim Schlittenmikrotom unterscheiden wir drei Varianten: Bei zweien ist der zu schneidende Block auf einem Blockträger fixiert, während das Messer in einem Messerschlitten auf Stahlschienen gleitet und vom Block die Schnitte abschneidet. Der Blockhalter wird nach jedem Schnitt um die eingestellte Schnittdicke nach oben gehoben, so daß der folgende Schnitt wiederum die eingestellte Dicke hat. Dieser Vorschub kann auf zweierlei Weise bewerkstelligt werden; entweder durch Verschieben auf einer leicht ansteigenden Schlittenbahn (Bild: Schlittenmikrotom Reichert Om E) oder vertikal durch eine Schraubenspindel (Bild: Schlittenmikrotom Jung HN 40). Die dritte Bauvariante wird als Grundschlittenmikrotom bezeichnet. Bei ihm wird nicht das Messer, sondern das Objekt auf einem schweren Schlitten horizontal verschoben und an der feststehenden Klinge vorbeigeführt (Bild: Leica Grundschlittenmikrotom).

Das Messer kann bei Schlittenmikrotomen schräg zur Schnittrichtung gestellt werden, was beim Schneiden von größeren, harten Blöcken erheblich von Vorteil ist. Solche stabilen, meist schweren Mikrotome arbeiten weitgehend vibrationsfrei und werden auch zum Schneiden von unterschiedlichem industriellen Material, verwendet, wie Holz, Kunststoffe, Textilfasern. Für Schnitte durch sehr hartes Material wie Araldit ist dieser Typ jedoch weniger geeignet, da dann das Risiko der Vibration besteht.

Der Vorschub des Blocks nach jedem Schnitt geschieht durch die Schlittenbewegung, die durch eine Vorschubstange ein Feingetriebe in Bewegung setzt. Dieses hebt den Objekthalter entweder um die eingestellte Schnittdicke in einer stabilen Zylinderführung senkrecht an oder bewegt ihn auf einer schräg nach oben führenden Bahn eine entsprechende Strecke weiter.

Das Schlittenmikrotom ist wegen seines schrägstellbaren Messers der universellere Typ und für alle Arten von Objekten und Einbettblöcken geeignet.

Moderne Konstruktionen haben wartungsfreie Kreuzrollenführungen für die Bewegung des Messerschlittens.

Abb. 4.1 Schlittenmikrotom Reichert Om E

Abb. 4.2 Schlittenmikrotom Jung HN 40

Abb. 4.3 Leica Grundschlittenmikrotom

Abb. 4.4. Dieses Schlittenmikrotom (Leica) weist eine weitgehend geschlossene Bauform auf, die heute von Herstellern und Anwendern bevorzugt wird. Verglichen mit den offenen Bauformen ist der Staubschutz und das Reinigen erheblich erleichtert.




Abb. 4.5 Rotationsmikrotom
geschlossene Bauweise.

Beim Rotations- oder Minotmikrotom (Bilder links und rechts) wird das Objekt bei jeder Kurbelumdrehung eines Schwungrades vertikal bewegt und am feststehenden Messer vorbeigezogen. Das Rotationsmikrotom eignet sich besonders für die rationelle Anfertigung von Schnittserien (Schnittbändern) von Paraffinblöcken, für weicheres Material sozusagen. Deshalb hat es, wie beim Paraffinschneiden zweckmäßig, ein querstehendes Messer, das bei den meisten Fabrikaten nicht schräg gestellt werden kann. Es gibt leichter gebaute Geräte für die Herstellung von Einzelschnitten und Schnittbändern in Paraffineinbettung und schwere Geräte mit motorischer Bewegung für hartes, in Kunstharze eingebettetes Material.
Dieser Mikrotomtyp ist auch Bestanteil der meisten Kryostate für das Schneiden von gefrorenen Objekten (Gefrierschnitte). Das Rotationsmikrotom eignet sich auch ausgezeichnet zur Verwendung von Einmalklingen.


Abb. 4.6 Ratationsmikrotom, offene Bauweise.
(Mit freundlicher Genehmigung von Rainer Gerstle, Stuttgart.)

Neben diesen grundsätzlichen Hauptformen existieren weitere Spezialmikrotome.

Das Gefriermikrotom
Dieser Mikrotomtyp, in der älteren Fachliteratur auch als Demonstrationsmikrotom bezeichnet, wird benützt zum Schneiden von dünnen und semidünnen Schnitten von frischem, gefrorenem Gewebe und semidünnen Schnitten von industriellem Material wie Textilien, Leder, Weichplastik, Gummi, Pulver, Pasten und Nahrungsmitteln, wie Wurst oder andere Fleischwaren. Auf dem Objektträger kann Gewebe schnell gefroren werden, entweder mit flüssigem Kohlendioxid aus einer Patrone oder mit einer Kühlleitung.
Einige Kühlsysteme gestatten auch gleichzeitig die Messerkühlung. Bewegt wird das Messer beim Schnitt. Konstant hohe Schnittqualität bei dünnen Schnitten sind mit diesem Mikrotomtyp schwierig herzustellen.

Der Kryostat
Hier befindet sich normalerweise ein Rotationsmikrotom in einer Kühlkammer. Objekthalter, Objekt, Messer und andere Teile haben dieselbe Temperatur. Auf diese Weise gelingen Schnitte von 1 µm Dicke.

Das Ultramikrotom
erzeugt ultradünne Schnitte für die Licht- und die Elektronenmikroskopie. Sehr kleine Gewebestücke oder industrielles Material werden normalerweise in hartes Kunstharz eingebettet. Es sind Schnitte bis 10 nm "Dicke" möglich. Rechts sehen wir ein modernes Ultramikrotom mit angebautem Stereomikroskop, ohne das sich Dünnschnitte überhaupt nicht exakt einstellen lassen.


Abb. 4.7 Ultramikrotom

Großschnittmikrotome und solche für besonders hartes Material, wie z. B. das Tetrander von Jung, für großflächige Organschnitte (Gehirn u. a.), oder das Sägemikrotom für sehr hartes Material, wie nicht entkalkte Knochen, Glas oder Keramik, runden die Palette ab.

Da sich diese Zusammenstellung vorwiegend an Amateurmikroskopiker richtet, soll noch ein Sondertyp erwähnt sein, der in letzter Zeit über Internetauktionen auch den Weg nach Mitteleuropa findet:

Das Schwinghebelmikrotom, auch Schaukelmikrotom genannt (nach engl. Rocking Microtome) wurde zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in großen Stückzahlen hergestellt, war aber auf dem europäischen Festland kaum bekannt. Es hat nur drei bewegliche Teile und ist äußerst zuverlässig und dauerhaft. Es ist eigentlich ausschließlich für Paraffinschnitte konstruiert worden. Der Objektblock wird an einem Hebelarm bogenförmig zur leicht bikonkaven, also beidseitig gekehlten Messerklinge geführt, was auch leicht gekrümmte Schnitte zur Folge hat. Sehr dünne Schnitte sind schwierig herzustellen. Nachteilig ist, daß nur Blöcke von beschränkter Größe geschnitten werden können. Wegen des geringen Gewichts des Stativs neigt das ganze Mikrotom zu Seitwärtsbewegungen beim Schneiden. Das Schwinghebelmikrotom ist weitgehend dem präziseren Rotationsmikrotom gewichen, dennoch ist es in transportablen Kryostaten neuerdings wieder verwendet worden. Es wird noch immer gerne in Großbritannien und USA von Amateuren gekauft, weil es preiswert hergestellt werden kann. Man kann es recht gut für botanische Schnitte bis 5 µm verwenden.


Abb. 4.8 Rocking Microtome


Gute, empfehlenswerte Mikrotome werden u. a. von Jung, Reichert, Leitz, Sartorius hergestellt,
meint der Anatomieprofessor Dr. Benno Romeis 1968 in der 16. Auflage seiner Mikroskopischen Technik. Diese Mitteilung ist inzwischen ergänzungsbedürftig. Sartorius, eine führende Firma in der Medizin- und Analysentechnik, baut schon lange keine Mikrotome mehr. Jung (Heidelberg und Nußloch) und Reichert (Wien) sind heute beide Bestandteile von Leica-Microsystems AG, Wetzlar, Vertrieb in Bensheim am Rhein, die wiederum aus dem Mikroskopie-Zweig von Ernst Leitz Wetzlar GmbH in Wetzlar, der Wild AG in Heerbrugg (Schweiz) und Cambridge Instruments hervorgegangen ist. Mikrotome von Leica sind heute weltweit führend. Selbstverständlich repariert und wartet Leica sowohl die Mikrotome von ehem. Leitz/Leica, R. Jung und Reichert.

Als zwei weitere Firmen wären noch zu nennen: Mikrom in Walldorf und Slee in Mainz.

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Das Mikrotommesser: Material und Geometrie

Messermaterial

Das traditionelle Mikrotommesser ist das schwere Stahlmesser aus qualitativ hochwertigem, gehärtetem Kohlenstoff- oder Werkzeugstahl, das der sorgfältigen Pflege und des gekonnten Abziehens auf Riemen und Stein bedarf. Wenn Personalkosten und Zeitverbrauch keine Rolle spielen, sind Stahlmesser von Vorteil. Sie werden in unterschiedlichen Längen angeboten, meist von 12, 16, 20 (oder 22), 25 und 30 cm Länge. Am besten sind vollständig gehärtete Messer. Nur oberflächengehärtete verlieren ihre Schärfe recht schnell, wenn erst einmal der gehärtete Bereich der Schneide durch wiederholtes Nachschärfen abgetragen ist. Für Kryostaten gibt es nichtrostende Messer mit einem Anteil von 12 bis 15 % Chrom.
Es gibt verschiedene Messertypen aus unterschiedlichem Material. Das herkömmliche Mikrotommesser ist aus Stahl und befindet sich (hoffentlich) in einem mit Schnappverschluß gesicherten Holz- oder Kunststoffkästchen. Sehr gebräuchliche Abmessungen sind Länge 16 cm, Breite 3,5 cm, Rückenhöhe 1 cm bzw. 20 x 2,5 x 1 cm.
Die Mikrotomhersteller bieten auch Rasierklingenhalter an, die handelsübliche, genormte Rasierklingen aufnehmen. In Prozessen, in denen Zeit und Personalkosten wichtige Faktoren sind, wird heute mit Vorliebe das leichte Einmalmesser eingesetzt, das nicht mehr nachgeschärft, sondern gegen ein neues ausgewechselt wird. Auch zum Anschneiden der Objektblöcke, um die großen Stahlmesser zu schonen, sind sie mit Vorteil einsetzbar.
Hundertmal härter als gehärteter Werkzeugstahl ist Wolframkarbidstahl (Widiastahl). Messer aus diesem Stahl sind nicht rostend, praktisch unmagnetisch, verschleißarm, aber aufgrund ihrer extremen Härte etwas spröde. Sie sollten deshalb vorsichtig gehandhabt werden. Sie sind sehr teuer.
Glasmesser für Dünn- und Ultradünnschnitte sind noch spröder und altern rasch, sollten deshalb erst unmittelbar vor dem Schneiden zugerichtet werden. Dieser Messertyp wird heute beinahe ausschließlich für das Anfertigen von Dünnschnitten unter 1 µm benützt.
Diamantmesser, mit einem besonderen Schleifverfahren aus Naturdiamanten hergestellt, sind sehr teuer, aber wegen der enormen Härte auch extrem dauerhaft. Sie werden hauptsächlich für sehr dünne Schnitte durch Kunstharzblöcke verwendet.
Saphirmesser werden aus einem einzigen Stück Saphir hergestellt. Sie sind härter als Widiastahl oder Glas, die Schneide sehr dauerhaft. Wegen der Klingenlänge von maximal 11 mm können aber nur kleine Blöcke geschnitten werden.


Abb. 4.9 oben: Spender und Halter für Einmalklingen,
unten: Einmalklingenhalter am Schlitten- und Rotationsmikrotom


Messergeometrie I: Das Messerprofil bei Stahlmessern

Stahlmesser werden mit vier verschiedenen Profilen hergestellt:



Abb. 4.10 Klingentypen für das Mikrotom

A - starkhohler plankonkaver oder bikonkaver Schliff. Extrem scharf; für weiches Celloidinmaterial oder geschäumtes Material. Für härteres Material ungeeignet. Schräger Schnitt für beste Ergebnisse. Wegen der schlank ausgezogenen Schneide nur bei Skaleneinstellung "0" verwenden. Daher brauchen Messerhalter für Celloidinschnitte nicht verstellbar zu sein.



B - Ähnlich A, jedoch mit schwachhohlem Schliff für härteres Material, das mit dem A-Profil nicht geschnitten werden kann; auch für weiches Material im Paraffinblock; sehr geeignet auch für Schnitte durch uneingebettetes biologisches Frischmaterial wie Stengel und Blätter; am besten schräger Schnitt. Nur vorsichtig 2-3° steiler stellen und nur bei weichen Objekten, da auch hier die Schneide relativ schlank ist.



C - Keilform. Klinge und Schneide stabiler als A und B, auch für härteres Material geeignet: für Paraffinblöcke, Gefrierschnitte und Kunstharzblöcke, Weichplastik, Gummi, Holz. Leder und Textilfasern. Am besten gerader Schnitt durch das Objekt. Heute am meisten angewandtes Messerprofil. Allgebrauchsmesser für Paraffinarbeit. Messer können weitgehend verstellt werden.



D - Hobelklingenform. Für härteres Material, sehr stabil. Da nur eine Facette auf der Oberseite der Klinge angeschliffen ist, hat dieses Messer von allen vier Formen die geringste Schärfe. Für Kunstharzblöcke, hartes Material in Paraffin, große Wachsblöcke und viele industrielle Materialien. Nur bei Skalenwert "0" verwenden, da der Effekt der Steilstellung bereits durch den besonderen Schliff erzielt wird.

Messergeometrie II: Die Schneide

Die Schneide der Stahlmesser wird hergestellt, indem man eine Facette (Fase) beiderseits an die Klinge schleift, beim D-Messer nur an die Oberseite. Die Prinzipskizze zeigt einen Klingenquerschnitt mit den genormten Winkelbezeichnungen.

Das "Geheimrezept" guter Mikrotomschnitte beruht oftmals darauf, daß die Abzugswinkel der Facette beim Nachschärfen auf dem Stein durch konsequente Verwendung der vom Hersteller vorgesehenen Abziehhülse korrekt über die gesamte Klingenbreite eingehalten werden. Denn der sich daraus ergebende Freiwinkel ist die Grundlage der Empehlungen für den Einstellwinkel.


Abb. 4.11 Die verschiedenen Winkelbezeichnungen des Mikrotommessers


Messergeometrie III: Deklination und Inklination

Für die Qualität der Schnitte ist die Messerstellung am Mikrotom mit entscheidend. Als Deklination bezeichnet man die den Winkel zwischen der Messerschneide und der Schnittrichtung.


Abb. 4.12 Deklination des Mikrotommessers

Im oberen Bild links ein quergestelltes Messer (Deklination = 90 °).
Rechts Messer in Schrägstellung (Deklination größer als 90 °).
In Querstellung schneidet man grundsätzlich Paraffinblöcke, weil man auf diese Weise auch in Bändern schneiden kann. Die Schrägstellung zieht man bei Einzelschnitten vor, das Messer schneidet dabei besser, denn die "Schnittigkeit" ist abhängig vom Winkel, den die beiden seitlichen Flächen der Schneide einschließen und der Länge des Weges, auf dem die Steigung dieses Schneidenwinkels überwunden werden muß. Das Messer schneidet also umso besser, je schräger es zur Schnittrichtung steht.


Abb. 4.13, links: richtige Inklination, Freiwinkel ca. 3-5 °.
mitte: Inklination zu steil, starke Stauchung von Block und Schnitt
rechts: zu flache Inklination, Beschädigung der Blockoberfläche


Sehr wichtig ist auch die Inklination, die Neigung des Messers zur Blockoberfläche. Der optimale Wert ist für jedes Messer geringfügig unterschiedlich, weil die Keilwinkel verschiedener Messer nicht gleich sind. Abgesehen von der Auslegung der Messergeometrie durch den Hersteller, verändert diese sich auch durch das Nachschärfen. Das kann im Einzelfall so große Abweichungen zur Folge haben, daß die Messergeometrie beim Hersteller durch Abschleifen aller Seitenflächen wieder hergestellt werden muß. Die Klinge wird dadurch immer etwas schmäler.
Niemals darf das Messer zu flach stehen, weil die Schneide sonst gar nicht in den Block eindringt, sondern der Rücken der Facette nur über die Schnittfläche streift. Das Objekt wird dabei beschädigt.
Eine zu steile Inklination führt zu Vibrationen der Klinge und der Schnitt und die Blockoberfläche zeigen Stufen ("shatter"): parallel zur Messerschneide verlaufende Streifen, die eine mikroskopische Auswertung der Präparate sehr erschweren.

Für die Winkel der Deklination und Inklination können keine allgemeingültigen Angaben gemacht werden. Sie hängen nicht nur von der Individualität des jeweiligen Messers ab, sondern auch von der Härte und Konsistenz des Objekts und des Einbettungsblocks, aber ebenfalls in hohem Maß von der Lufttemperatur und -feuchtigkeit im Arbeitsraum, der Strahlungswärme der Arbeitslampe am Mikrotom, der Temperaturdifferenz zwischen Block und Messerklinge, der Geschwindigkeit des Messerschlittens usw. Die optimale Einstellung bleibt deshalb meist Ergebnis der Methode "Versuch und Irrtum". Die wichtigste Voraussetzung für den guten Schnitt ist und bleibt aber die Qualität der Messerschneide. Und die ist oft weniger gut, als der Mikroskopiker meint. Dennoch sollen hier einige Hinweise zur Einstellung am Mikrotom gegeben werden. (Nach R. Jung, 1958)

Die Messerneigung beim Schneiden

In alten Mikrotomie-Anleitungen liest man, daß die untere Facettenkante parallel zur Schnittebene ausgerichtet sein solle. Das hat sich im Lauf der Jahrzehnte als Trugschluß erwiesen. Die Praxis am Mikrotom hat gezeigt, daß die besten Ergebnisse bei einem Freiwinkel von 3-5° erzielt werden. Verringert man ihn, d. h. stellt das Messer flacher, so wird der Schnitt stärker gestaucht, es entseht dann abwechselnd ein dicker und ein dünner Schnitt, oder das Messer gleitet sogar über den Block hinweg. Stellt man es steiler, dann wirkt die Schneide hobelartig, bohrt sich in den Block und es kommt vor allem bei den beiden schlank ausgeschliffenen Schneiden der Schlifftypen A und B durch Schwingungen zu Querwellen im Schnitt. Bei der Firma Jung entspricht der Skalenwert "0" am Messerhalter einem "Anstellwinkel"(Freiwinkel alpha plus unterer Abzugswinkel delta) von 10°, und der untere Abzugswinkel delta der von Jung geschliffenen Messer beträgt 5°. Ändert sich der Abzugswinkel, so wird zwangsläufig der optimale Bereich des Freiwinkels verlassen.

Der Abzugswinkel entsteht dadurch, daß der Messerrücken beim Schleifen überhöht wird, meist durch ein aufgeschobenes Stahlrohr. Es ist also wichtig, daß das Mikrotommesser nur mit dem genau auf das Messer abgestimmten Stahlrohr abgezogen wird, das allein den konstanten Abzugswinkel garantiert. Doch allmählich ändert sich trotz korrekter Abziehvorrichtung der Abzugswinkel. Bei jedem Abziehen und Schleifen wird ja das Messer schmaler, oft bis zu 1 mm. Die nebenstehende Skizze veranschaulicht, daß der Abzugswinkel immer steiler und damit der Freiwinkel bei gleichbleibender Neigung immer flacher wird. Nur durch die Vergrößerung des Anstellwinkel bzw. des Neigungswinkels mit einem verstellbaren Messerhalter kann der Freiwinkel und damit die Schneideleistung konstant gehalten werden. Praktisch geht man so vor, daß man zunächst bei Skalenstellung "0" schneidet, dann etwa 3° steiler stellt und die Ergebnisse vergleicht. Ob ein Mittelwert etwas nützt, muß man probieren, aber von der Änderung um 1 oder 1/2°, sollte man sich nicht zu viel versprechen.


Abb. 4.14 Abnahme der Klingenlänge durch Abziehen, Schärfen und Nachschleifen

Steiler muß das Messer auch eingestellt werden bei harten und inhomogenen Objekten. Hier weicht ein normal eingestelltes Messer oft nach oben aus. Bei einigen Graden steiler erhält man meist noch brauchbare Schnitte. Doch geraten steil gestellte Klingen leicht ins Schwingen und verursachen Querwellen im Schnitt. Der Messerschliff D schafft in solchen Fällen Abhilfe.


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Der Umgang mit dem Mikrotom

Wer ein Mikrotom benützen will, mache sich von Anfang an klar - schon allein angesichts der langdauernden Prozeduren der Vorbereitung der Objekte - daß es wichtig ist, sich einem solchen Instrument nicht in Hektik und Eile, sondern mit Ruhe und Überlegung zu nähern. Auch wenn manche Modelle den Eindruck machen, als handle es sich nicht um High-Tech, sind sie dennoch nicht ein Haufen Altmetall, sondern sobald ein Mikrotommesser in den Messerhalter eingespannt ist, eine hochgefährliche Sache. Es sollte selbstverständlich sein, daß man an einem Präzisionsinstrument, von dem man Schnitte durch allerlei tierische und pflanzliche Organe in der Dicke von einem Tausendstel Millimeter erwartet, nicht hantiert und herumschraubt, ohne die Bedienungsanleitung gründlich studiert und verstanden zu haben. Ist keine vorhanden, so ist ihre Beschaffung die erste Aufgabe des künftigen "Mikrotomisten".

Alle Schrauben, Knebel, Hebel gut angezogen? Nur so lassen sich shatterfreie, gleichmäßige Schnitte herstellen. Nach dem Schneiden: Alle verschmutzten Teile des Mikrotoms reinigen. Anklebende Paraffinreste von Metallteilen entfernen, evt. mit einem xylol- oder benzigetränkten Lappen. Mikrometerspindel und Gleitbahnen müssen sauber sein - blitzblank.

Man bewege den Messerschlitten auf seinen Schienen nicht am Knebel des Messerhalters, sondern fasse und bewege ihn an den dafür vorgesehenen, in der Bedienungsanleitung beschriebenen Stellen, einem Griff oder Griffauflagen für die Finger.

Messerschlitten mäßig schnell und gleichmäßig mit dem Messer über das Präparat hinwegziehen - und weiter bis zum Anschlag, damit der Objektvorschub ausgelöst wird. Zaghafte Mikrotomisten ziehen den Schlitten nur gerade durch den Block, halten den Schlitten dann an und lösen den Objektvorschub mit der linken Hand aus. Doch soll der Messerschlitten sowohl beim Heranziehen wie auch beim Zurückschieben immer über die gesamte Schlittenbahn gezogen werden, weil die Stahlschienen sonst ungleichmäßig abgenutzt werden, was dann letzten Endes - mitunter erst nach Jahren - zu holpriger Schlittenbewegung und unbrauchbaren Schnitten führt.

Die Klingenoberseite stets sauber halten! Lernen Sie das Säubern mit einer raschen Bewegung der Fingerbeere, automatisch und oft.

Der Schnitt klebt meist am Messer und wird vorsichtig mit der linken Hand mit einem Pinsel von der Klinge abgenommen. Wenn das Messer in den Block eindringt, hält man die sich aufwärts biegende Kante des Schnitts mit einer Pinselspitze fest, um sein Aufrollen zu verhindern, zieht das Messer dann ganz durch und bringt den Schnitt mit der glänzenden (unteren) Seite auf einen vorbereiteten Objektträger oder sammelt die Schnitte vorerst in einem Schälchen mit kaltem Wasser. Erst kurz vor dem Aufziehen überträgt man sie in ein Warmwasserbad, damit sie sich schön strecken.

Die Handhabung des Pinsels bereitet allen Anfängern Schwierigkeiten, deshalb hier die Prozedur in Stichworten (nach Riech, 1959).
1. Der Pinsel hat nur das Einrollen des entstehenden Schnittes zu verhindern, darf ihn aber keinesfalls gegen das Messer drücken. Pinsel erst ansetzen, wenn die erste, schmale Einrollung sichtbar ist, sonst könnten Pinselhaare zwischen Block und Schneide geraten, die nicht nur den Schnitt zerreißen, sondern auch Scharten verursachen, die alle folgenden Schnitte ruinieren.
2. Pinsel schwach anfeuchten, aber nicht vollsaugen lassen, damit keine Tropfen aufs Messer kommen, die Abnahme des Schnitts erschweren.
3. Pinselhaare schräg gegen den oberen Schnittrand ansetzen, nicht gerade gegen den Schnitt, damit sie ihn nicht durchbohren und zerreißen.
4. Pinselgröße Nr. 2 ist erfahrungsgemäß am besten. Gute Qualität wählen!

Gerda Heinrich (1962) beschreibt eine andere Handhabung, mit der sich flott arbeiten läßt. Sie verwendet zwei Zupfnadeln, in jeder Hand eine. Während des Schneidens berührt sie den Schnitt nicht. Mit der Rechten nimmt sie dann den Schnitt von der Klinge und überträgt ihn, wenn er sich nicht eingrollt hat, mit der Nadel auf das Wasser. Hat er sich gerollt oder umgeschlagen, was besonders bei großen Schnitten vorkommt, legt sie ihn mit der rechten Nadel kurz auf dem Mikrotomtisch ab, sticht mit der linken Nadel den Paraffinrand an und rollt ihn sacht mit der rechten auf und überführt ihn aufs Wasser. Die Starrheit der Nadeln (im Vergleich zum biegsamen Pinsel) erlaubt es, selbst schwieriges Material zu entfalten. Das leuchtet ein. Doch man sei gewarnt: Die leichteste Berührung mit der Nadel beschädigt die Schneide sofort, an dieser Stelle muß das Mikrotommesser erst wieder nachgeschärft werden. Selbst mit dem Pinsel muß man aufpassen, daß dessen Haare nicht unter das Messer geraten, weil dabei die Schneide beschädigt wird.


Fehlerliste - kurzgefaßt

zur ersten Orientierung, wenn die Schnitte nicht einwandfrei sind.

Feine Streifen, Kratzer oder Linien, die häufig parallel liegen. Und zwar nicht nur im Schnitt, sondern auch auf der Oberfläche des Blocks.
a) Das Messer ist an der benutzten Stelle schartig, unbrauchbar, es muß im Messerhalter ein Stück weitergerückt werden. Alle Schrauben wieder gut anziehen, Messer auf festen Sitz prüfen.
b) Verunreinigungen im Paraffin.
c) Skelettreste im Gewebe des Objekts.

Schnitte schieben sich zusammen.
a) 
Das Paraffin ist zu weich, oder das Präparat ist schlecht gehärtet. Zunächst kann man es mit Kühlung versuchen, indem man auf den Block ein Tuch legt und obendrauf ein Stück Eis. Das Tuch verhindert das Tropfen und beschleunigt die Abkühlung. Wenn das nicht hilft, muß der Block wieder eingeschmolzen und das Präparat von neuem eingebettet werden.
b) Raumtemperatur ist zu hoch.
c) Das Intermedium ist nicht völlig entfernt: Präparat umbetten; Paraffin häufiger wechseln beim Entfernen des Intermediums.
d) Das Messer ist stumpf.

Schnitte rollen sich, bröckeln oder splittern.
a) 
Das Messer steht zu steil bzw. ist zu wenig geneigt.
b) Das Paraffin ist zu hart.
c) Die Raumtemperatur ist zu niedrig. Durch Auflegen der Fingerkuppe oder Anhauchen kann das Präparat erwärmt werden, ebenso mit einer Lampe, die man darauf scheinen läßt.
d) Läßt sich das Paraffin gut schneiden, das Präparat jedoch nicht, so ist beim Einbetten ein Fehler passiert, oder es handelt sich um sprödes Material.
e) Auch Rest von Wasser oder Alkohol im Block kann die Ursache sein.

Objekt platzt aus dem Schnitt heraus.
a) 
Ungleiche Konsistenz von Objekt und Paraffin. Umbetten in Paraffin mit höherem Schmelzpunkt.
b) Objekt infolge ungenügender Entwässerung bzw. Entspritung übermäßig gehärtet. Keine Abhilfe möglich, Block verdorben.

Schnitte haften nicht aneinander, so daß kein Schnittband entsteht.
a) Kante des Messers steht nicht im richtigen Winkel zur Blockkante.
b) Paraffin zu hart: Umbetten oder Wärmequelle in Blocknähe stellen.
c) Vorder- und Rückseite des Blocks mit geschmolzenem Paraffin bestreichen oder Block in geschmolzenes, weicheres Paraffin tauchen, damit ein haftfähiger Überzug entsteht.

Unterschiedliche Schnittdicke bei sonst einwandfreiem Mikrotom. Messer 2-3-5° steiler stellen.

Querwellen im Schnitt bei nicht ausgesprochen harten Objekten. Messer 2-3° flacher stellen.

Messer springt über harte Objektstellen. 2-3-5° steiler stellen. Genügt das nicht oder treten Querwellen infolge Messerschwingung auf, Messer Schliff D verwenden.


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Das Mikrotom pflegen

Der beklagenswerte Zustand so vieler Mikrotome nährt den Verdacht, daß wohl meist nicht der gute Wille, sondern das Knowhow im Umgang mit Schneidwerkzeugen und Präzisionsinstrumenten fehlt.

Alle gleitenden Teile müssen stets gut eingeölt sein. Um Korrosion zu vermeiden, empfiehlt es sich, alle blanken Teile mit mit einem dünnen Ölfilm zu überziehen. Man löst einige Tropfen Öl in 10 ml Xylol und pinselt das Mikrotom damit ab. Nach Verdunstung des Xylols bleibt ein Ölfilm zurück (Krauter 1978).

Alle Paraffinreste sind mit einem trockenen Pinsel zu entfernen. Sie lösen sich in Mineralöl, das dadurch zähflüssig wird. Bei unsauberem Arbeiten kann auf diese Weise eine zähe "Schmiere" in die beweglichen Teile eindringen, die das Arbeiten erheblich beeinträchtigt. Nach dem Schneiden muß das Mikrotom deshalb stets sorgfältig gereinigt werden, dann ist die Gefahr der Verunreinigung durch Paraffinreste gering. Nach dem Säubern der Gleitbahnen müssen sie wieder geölt werden. Stets mit Plastikhülle abdecken.

Besondere Vorsicht beim Schneiden von Polyethylenglykolblöcken. PEG ist etwas hygroskopisch, Reste ziehen daher Wasser an und können Korrosion verursachen. Sie müssen deshalb besonderes sorgfältig entfernt werden. Am besten alle sichtbaren Reste mit einem trockenen Pinsel enfernen und anschließend das ganze Mikrotom mit Öl-Xylol abpinseln.

Ein Mikrotom braucht sorgfältige Pflege, auch dann, wenn es "ruht", wenn nicht damit geschnitten wird. Beschaffen Sie sich auf jeden Fall die Gebrauchs- und Pflegeanleitung ihres Mikrotomherstellers. Verwenden Sie das von ihm vorgesehene Öl, weil es auf das verwendete Material, die Bauweise und Funktionen abgestimmt ist.

Der Messerschlitten sollte nach getaner Arbeit vorsichtig abgehoben und neben das Mikrotomstativ gelegt werden, damit die stählernen Gleitschienen nicht ungleichmäßig belastet werden.



Gleitbahnöl     Triebteilöl     Rostschutzöl

Als Beispiel einer Pflegeanleitung folgen die Hinweise der ehem. R. Jung AG (heute: Leica Microsystems AG) zur Pflege des Schlittenmikrotom Hn 40, ein vor Jahrzehnten weitverbreitetes Modell eines Universalmikrotoms, das zur Zeit öfter gebraucht angeboten wird. (R. Jung 1968)

Die Schlittenbahnen bedürfen besonders aufmerksamer Pflege, da nur bei völlig gleichmäßiger Schlittenführung die angestrebte Schnittdickenkonstanz zu erreichen ist. Die einwandfreie Schlittenbahn hat einen matt-grauen Glanz, der auf der besonderen Feinstruktur des Materials beruht. Die Abbildung zeigt schematisch einen stark vergrößerten Ausschnitt aus einer Seitenansicht.

Abb. 4.15 Querschnitt durch eine Gleitschiene am Mikrotom.

Zwischen dem sogenannten Korn des Metallgefüges sieht man kleine Vertiefungen, in denen die Öltröpfchen gewissermaßen ein Mikrokugellager bilden. Die tiefsten Stellen nehmen die feinen, abgearbeiteten und mit Öl vermengten Metallteilchen auf und stellen so den erforderlichen "Schlammfang" dar.

Würde man die Bahnen auf Hochglanz polieren, d. h. auch die mikroskopischen Unebenheiten weitgehend beseitigen, so würde der Schlitten nach dem Einölen zunächst schwimmen, dann den Ölfilm beiseite pressen und schließlich klemmen. Die erwähnten Metallreste würden zur Bildung von Riefen und Schrammen führen. Eine brauchbare Schneideleistung ist unter solchen Umständen nicht zu erwarten. Die Schlittenbahnen aus Messing oder Elfenbein, wie sie sich noch an sehr alten Mikrotomen finden, neigen leicht zu diesen Erscheinungen.

Jedes Schlittenmikrotom hat 3 Bahnen, von denen die etwas verdeckte und daher schwerer zugängliche senkrecht stehende Bahn bevorzugter Aufmerksamkeit bedarf, da von ihr das öl am leichtesten abfließt und die Verunreinigungsgefahr wegen der Objektnähe am größten ist. Die Mikrotome vom Typ Hn und HE haben noch eine vierte Schlittenbahn für die Gleitrolle des zusätzlich anbringbaren Andruckreglers.

1. Schlitten während der Reinigung und des Ölens wenn irgend möglich abnehmen. Vor dem späteren Aufsetzen auch die (meist fünf) durch ihren hellen Glanz erkenntlichen Auflagepunkte des Schlittens mit etwas Öl beschicken.

2. Vor jeder Inbetriebnahme des Mikrotoms Schlittenbahnen mit einem mit Waschbenzin getränkten Tupfer von anhaftenden Öl- und Staubresten gründlich säubern. (Als Waschbenzin das für industrielle Reinigungszwecke; Qualitäten aus dem Baumarktbereich sind ausreichend. Hochreines Wundbenzin kann benützt werden, ist aber nicht erforderlich.) Keinesfalls Xylol verwenden, auch wenn das in der Anleitung steht.) Tupfer so oft wechseln, bis er keine Verunreinigungen mehr zeigt.

3. Schlittenöl (Gleitbahnöl) aufgetragen. Pinsel benützen oder besser die praktischen Öltropfer aus Plastik. Mit ganz leicht geführtem Finger Öl über die gesamte Bahnlänge gleichmäßig verteilen. Bei zu festem Druck läuft das Öl seitlich ab.

4. Bei gut eingefahrenen und vorschriftsmäßig geölten Bahnen muß der Schlitten bei leichtem Anstoßen mit dem Finger über nahezu die ganze Bahnlänge gleiten.

5. Ist der Ölfilm unvollständig, so macht der Schlitten anstelle gleichmäßiger Gleitbewegung Mikrosprünge, worunter die Schnittqualität erheblich leidet. Das Schlittenöl muß völlig säurefrei sein, soll Paraffin nicht lösen und muß eine bestimmte Viskosität aufweisen. Viele handelsübliche Ölsorten verharzen rasch und spalten, vor allem unter Lichteinfluß, Säure ab. Das häufig benutzte Paraffinöl ist zwar chemisch vollkommen indifferent, bleibt also stets säurefrei und verharzt nicht, aber seine Viskosität ist zu groß, so daß der Schlitten zu schwer läuft. Außerdem löst es die beim Arbeiten unvermeidlich auf den Ölfilm gelangenden Paraffinreste und läuft dann als zähflüssige Masse in das Mikrometerwerk hinein. Umständliche Reinigungs- und Reparaturarbeiten, bei denen Mikrotom und Mikrometerwerk völlig zerlegt werden müssen, sind die Folge. Im Interesse der Lebensdauer des Mikrotoms und der optimalen Schneideleistung sollte daher nur ein besonders eingestelltes Öl verwendet werden wie z. B. das Schlittenbahnöl 404 (R. Jung/Leica).
Falls nicht das Optimum an Leichtgängigkeit des Schlittens und Haftung des Öls auf der Gleitbahn gefordert wird, ist sicherlich auch dünnflüssiges, harzfreies Nähmaschinenöl oder säurefreies, bestes Knochenöl zu verwenden.

6. Bei sachgemäßer Pflege bilden sich keine Flecken oder gar Rostnarben auf den Schlittenbahnen. Sollten sie doch einmal auftreten, als Flugrost z. B., so dürfen sie unter keinen Umständen mit Schmirgel oder einem Metallputzmittel angegangen werden. Unter häufigem Reinigen und erneutem Einölen muß der Schlitten mit kräftigem Druck so lange über die ganze Bahnlänge geführt werden, bis die Schäden beseitigt sind. Auch zum sogenannten Einfahren fabrikneuer Mikrotome ist dieses Verfahren zu empfehlen. Bei kleinen rostähnlichen Flecken bzw. leicht bräunlichen Verfärbungen auf den Schlittenbahnen sollte man, solange der Schlitten einwandfrei läuft, nicht an den Gleitbahnen manipulieren.

7. Bei längerem Nichtgebrauch des Mikrotoms (z. B. Einlagerung oder Aufbewahrung in feuchten Räumen, Kellern, Dachböden) ist es ratsam, das Schlittenöl durch Rostschutzöl 406 zu ersetzen. Bei Wiederinbetriebnahme muß dieser Überzug dann mit Waschbenzin entfernt und durch Schlittenöl 404 ersetzt werden. Vielfach wird eine Mischung beider Sorten zu etwa gleichen Teilen im Öltropfer als Gebrauchsöl verwendet, wobei der Rostschutz ständig wirksam ist.

8. Zur Pflege des Mikrometerwerkes dient ein besonders gereinigtes, feines Uhrenöl (Triebteilöl 405).

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Der Umgang mit dem Mikrotommesser

"Mikrotommesser sind gefährlich. Diesen Satz muß sich jeder, der mit dem Mikrotom arbeitet, unbedingt und unauslöschlich einprägen und sich bei jeder Hantierung am Mikrotom danach richten. Das rasiermesserscharfe, schwere, feststehende Messer kann schon bei leichter Berührung Unfälle hervorrufen. Eine unbedachte, hastige Bewegung kann zu schwersten Verletzungen von Finger, Hand oder Pulsadern führen." (Zitat aus Krauter 1978)
Wegen ihrer enormen Schärfe und ihres hohen Gewichts durchtrennen Mikrotommesser Sehnen, Blutgefäße und Muskeln auf das leichteste. Der Schnitt ist tief, schmerzt und kostet viel Blut. War das Messer nicht ganz sauber, so kommen weitere Sorgen hinzu.
"Man gewöhne sich beim Mikrotomschneiden ruhige, bedächtige, stets überlegte Bewegungen an. Entfernt man sich vom Arbeitsplatz auch nur für wenige Minuten, ist das Messer auszuspannen und im Messerkasten zu versorgen, damit nicht andere Menschen gefährdet werden."
Wann immer Sie mit einem Mikrotommesser hantieren: Sorgen Sie dafür, daß Sie nicht abgelenkt werden. Stellen Sie durch Information der Anwesenden sicher, daß niemand zur Tür hereinstürzt, wenn Sie einen solchen Gegenstand in der Hand halten. Konzentrieren Sie sich ausschließlich auf das scharfe Messer, auf nichts anderes! Ruhen Sie nicht, bevor es wieder fest und wackelfrei in seinem Aufbewahrungskasten verstaut oder im Mikrotom eingespannt und dieses mit einer Schutzhaube versehen ist.

Es ist umsichtig, den Messerkasten nur über einer Tischfläche zu öffnen, damit das Messer beim Herausnehmen wegen seines hohen Gewichts und seiner Keilform nicht unversehens aus dem Halteschlitz, in dem es nur locker steckt, rutscht und auf den Boden oder gar auf den Fuß fällt. Es würde möglicherweise so fallen, daß es einen Zeh abtrennt. Messer stets in der Mitte fassen und senkrecht aus dem Kasten heben, diesen niemals schräg halten, um das oder die Messer herausgleiten zu lasen!

Zum Schutz vor den besonders gefährlichen äußeren Kanten des Messers kann man käufliche Messerschützer verwenden, rinnenförmige Gebilde, die über die freistehenden Teile der Messerschneide gestülpt werden. (Oder man klebt behelfsmäßig die Kanten mit Leukoplast ab.)

Niemals dicke Scheiben mit dem Mikrotommesser von einem Block abschneiden. Zum Herstellen einer ebenen Schnittfläche hebt man die oberste Schicht besser mit einem scharfen Küchenmesser oder einem alten, kräftigen Skalpell ab. Nur zum "Anschneiden", dem Abhobeln der letzten (dünnen) Unebenheiten verwendet man Mikrotom und Mikrotommesser. Wenn man ein altes, schon zu sehr abgeschliffenes Mikrotommesser hat, dessen Geometrie nicht mehr stimmt, kann man es für dieses Zurichten gut verwenden.

Vor dem Schneiden abziehen, jedes Mal! Trotz seiner Massivität wird das stählerne Mikrotommesser genau so schnell stumpf wie ein simples Rasiermesser, und es bilden sich genau so schnell verbogene Gratzähnchen, besonders beim Schnitt durch botanisches Material mit Kristall- und ähnlichen Einschlüssen. Es ist deshalb ratsam und guter Brauch, das Messer nach einer entsprechenden Anzahl von Schnitten am Messerhalter des Mikrotoms etwas zur Seite zu rücken, um die nächsten Schnitte wieder mit einem noch scharfen Abschnitt der Klinge auszuführen. Auf diese Weise kann man längere Zeit mit ihr schneiden, ohne zwischendurch zu schärfen. Doch das regelmäßige Abziehen auf dem Leder erspart das nicht, denn der Grat der Schneide muß - am besten vor jeder Benützung - wieder aufgerichtet werden. Von Zeit zu Zeit muß dann auch auf dem Stein geschärft werden. Die Qualität der Schnitte zeigt dem Mikroskopiker, wann es wieder so weit ist.


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Messer pflegen

Mikrotommesser läßt man weder beim Schlüsseldienst oder Scherenschleifer schärfen, noch in "Spezialwerkstätten", die Messer und Skalpelle für Chirurgen pflegen. Nach schlechten Erfahrungen mit einer solchen Firma habe ich durch Kontrollfragen bei mehreren Firmen festgestellt, daß man bei ihnen keine Kenntnis vom Anschleifen eines korrekten Facettenwinkels hatte. Wer das mit Abziehhülse auf dem Stein nicht selbst machen möchte, sollte das Messer deshalb immer an seinen Mikrotomhersteller zum Nachschärfen oder Neuschleifen einschicken. Dank neuer Schärfautomaten ist das bei weitem nicht mehr so kostspielig wie noch vor zwanzig Jahren. Es kann sich aber trotzdem lohnen, selbst zu schärfen, z. B. weil Grenz- und Zollkontrollen bei Paketen oder persönlicher Mitnahme mitunter zu tage- oder wochenlangen und gebührenträchtigen Komplikationen führen.

Das Abziehen der Mikrotommesser sei eine Kunst und nach einer Beschreibung kaum erlernbar, meint P. Böck (1989). Ich neige eher zur gegenteiligen Auffassung. Aus der Beobachtung, daß manche Mikrotomisten diese handwerkliche Fähigkeit nicht mit Hilfe einer guten Beschreibung erlernen können, darf nicht der falsche Schluß gezogen werden, daß ihnen Zuschauen und schlechte mündliche Erklärungen besser helfen würden. Beim persönlichen Anlernen durch Kursleiter oder Freunde werden allzu oft Irrtümer und schlechte Angewohnheiten weitergegeben, die nicht zum scharfen und gepflegten Messer führen.

Ist ein Mikrotommesser sehr lange im Gebrauch und verliert trotz häufigen Abziehens an Schnittleistung, so muß der Facettenschliff erneuert werden, entweder durch Abziehen auf dem Stein oder im Werk des Herstellers, der nicht nur die Facette, sondern die gesamte Klingenfläche schleift, damit die Messergeometrie wieder stimmt.

Verwenden Sie keine Abziehhülsen, die kürzer als die Rückenlänge des Messers sind. Verkantungen beim Messerführen wären die Folge und mit ihnen Beschädigungen der Schneide.

So sorgfältig wie Mikrotommesser muß man die dazugehörigen Abziehhülsen behandeln. Ihre Oberfläche muß makellos glatt sein, damit sie keine Riefen und Kratzer auf dem Abziehstein verursachen, die wiederum der Messerschneide schaden können.

Stets sofort das Messer abwischen. Pflanzenschnitte hinterlassen Verfärbungen auf der Klinge, die sich regelrecht in den Stahl fressen und nur sehr schwer entfernen lassen. Mir hat in einem solchen Fall einmal ein feines Diatomeenpulver geholfen (Firma Zielinsky, Postfach 1253, 26665 Uplengen/Stapelermoor; Tel. 04956 91880.)
Rostschutzöl oder säurefreie Vaseline schützt die nicht rostfreien Mikrotommesser in längeren Verwendungspausen.

Stehen Sie nicht auf, setzen Sie sich nicht hin, laufen Sie nicht herum - mit einem Mikrotommesser in der Hand! Manchem wird diese Mahnung, gerichtet an erwachsene Menschen, überflüssig vorkommen. Schließlich macht jeder bald die Erfahrung, daß man das nicht tun sollte. Aber dann ist der Schaden bereits passiert. Doch schon der "Erstfall" sollte vermieden werden. Hier im Kapitel Messerpflege geht es noch nicht einmal darum, Verletzungen zu verhüten, sondern darum, die sehr empfindliche Messerschneide vor Schaden zu bewahren. Machen Sie deshalb nie mehr als zwei Schritte mit einem blanken Mikrotommesser in der Hand. Immer sollte der Messerkasten neben dem Mikrotom stehen, damit man es - vor diesem sitzend - beim Ein- und Ausspannen dem Kasten entnehmen oder hineinstellen und diesen ordentlich verriegeln kann, um erst dann aufzustehen und es in Schrank zu legen.

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Das Einbetten der Objekte

Die Objekte müssen zum Schneiden eine gewisse minimale Härte besitzen und sich aus Teilen ziemlich gleicher Konsistenz zusammensetzen. Einige wenige botanische Objekte erfüllen diese Bedingungen bereits von Natur aus. Hierzu gehören in erster Linie die meisten saftfrischen Hölzer, die ohne jede Vorbehandlung im lebenden Zustand mit dem Mikrotom geschnitten werden können. Die meisten Objekte sind jedoch zum Schneiden zu weich oder setzen sich aus Geweben von sehr unterschiedlicher Festigkeit zusammen. Solche Materialien müssen eingebettet werden.

Zu unterscheiden ist das Einbetten vom Umschließen, wobei das Objekt lediglich eingehüllt wird. Man kann die Umschließung etwa mit dem Vorgang vergleichen, der stattfindet, wenn wir eine Murmel in einen Klumpen Lehm drücken.

Für eine Einbettung wird das Objekt mehr oder weniger vollständig mit einer Flüssigkeit durchtränkt, die anschließend zum Erstarren gebracht wird. Auf diese Weise erhält man einen Körper von ziemlich einheitlicher Festigkeit, der sich in der Regel gut mit einem Mikrotom schneiden läßt. Die Einbettungsmedien müssen so ausgewählt werden, daß sie im festen Zustand wenigstens ebenso hart oder noch härter sind als die härtesten Stellen des Objekts. Weiterhin gilt die Regel, daß um so dünner geschnitten werden kann, je härter die Einbettungsmasse ist. Die zum Schneiden erforderliche Festigkeit kann aber statt von einer Einbettung auch durch Einfrieren des Objekts erreicht werden. Es gibt auch Methoden, die das Einbetten und Einfrieren miteinander kombinieren.




Baustelle.

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Die Paraffintechnik




Das Zuschneiden des Blocks und das Aufblocken




Das Strecken und Aufziehen der Schnitte




Das Entparaffinieren, Färben und Eindecken



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Zum Teil Schneiden (Einführungsteil) oder Handschneiden oder Messer abziehen



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