100 Jahre      Mikrobiologische Vereinigung München e. V.     1907 - 2007
 


Über Mikrofotografie

Serie von Klaus Henkel

Was muß und sollte meine Mikrokamera können?


"Es ist fast unmöglich, eine Kamera über dem Mikroskop anzubringen, ohne daß dabei ein Bild entsteht ..." sagt Dr. Frieder Sauer in einem seiner Bücher. Das gilt für jede Kamera jedweder Bauart. In den fünfziger Jahren lieferte der Kosmos-Service zum Beispiel eine einfache Box-Kamera mit Halterung und Einstellvorrichtung, die ausgezeichnete Bilder hervorbrachte (Krauter 1955). Sogar Plankton blitzen konnte man auf diese Weise (Soest 1955). Auch eine Balgen-Rollfilmkamera vom Filmformat 6 x 9, 6 x 6 oder 4˝ x 6 cm läßt sich über dem Mikroskop anbringen (Saake 1978, 1987), ebenso Plattenkameras mit den Formaten 9 x 12, 10 x 15, 13 x 18 cm oder noch größer, ja sogar die Minox mit Bildformat 8 x 11mm läßt sich für die Mikrofotografie anpassen (Saake 1978; Appelt 1980). Mit einigen dieser Formate (z. B. 9 x 12 und 10 x 15) gibt es auch heute Kameras von manchem Mikroskophersteller, wie Leica, Olympus oder Zeiss, die Bestandteil umfangreicher Aufsatzkamerasysteme sind. Wie man mit solchen teils metallenen, teils hölzernen Ungetümen Mikrofotografie betreibt, soll in unserer Serie nicht erörtert werden. Am Schluß des heutigen Beitrages ist aber Literatur aufgeführt, in der man das nachlesen und anschauen kann. Die Mikrofotografie mit einfachsten Kameras hat ihren ganz eigenen Reiz, und das nicht nur, wenn man des ganzen elektronischen Klimbims in modernen Spiegelreflexkameras überdrüssig sein sollte. Der Kodak-Mikrofotospezialist Delly (1988) bildet z. B. eine Einfachkamera auf einem Monokulartubus ab, die er sich aus einer Getränkedose, einem Rasierschaumbehälter aus Plastik, einem 126-er Filmmagazin und zwei Bürogummiringen gebastelt hat. größere Formate sind aber eher etwas für "Spezialisten" und Bastler, die dafür nicht nur Zeit und Muße, sondern auch Geld spendieren möchten. Der durchschnittliche µ-Leser aber wird wohl nicht 2 bis 6 Mark für ein einziges Planfilmnegativ ausgeben wollen.


Was - wie - wozu - wie oft?

Zunächst ist zu klären, was wir überhaupt fotografieren wollen. Nur tote, unbewegliche Objekte? Auch lebendige, schnell bewegliche? Immer die gleiche Art von Objekten mit gleichem Vergrößerungsmaßstab? Für unbewegliche Objekte braucht man keinen Elektronenblitz, obwohl er auch bei ihnen die Arbeit sehr erleichtert. Bei immer gleichartigen Objekten braucht man noch nicht einmal unbedingt einen Belichtungsmesser: man macht Probeaufnahmen und kennt dann bald seine Standardeinstellungen auswendig. Man kann einen gewöhnlichen Belichtungsmesser oder ein billiges Drehspulinstrument für die Mikrofotografie umbauen oder einen speziellen Mikrofoto-Belichtungsmesser verwenden (z. B. Gossen Microsix-L). Solche Methoden sind zweckmäßig, wenn man mit einer der oben genannten größerformatigen Kameras fotografiert. Das hat durchaus seinen Reiz, vor allem mit Schwarzweißfilm, weil es dabei möglich ist, nur ein einziges Negativ, z. B. Planfilm, in die Kamera zu legen und nach der Aufnahme sofort zu entwickeln. Man braucht aber eine Verdunkelung und Zeit. Für nur gelegentliche Fotografie ist diese Methode weniger geeignet, weil angesetzter Entwickler und Fixierbad zügig aufgebraucht werden sollten und nicht wochen- oder monatelang aufbewahrt werden können, ohne daß sie ihre Eigenschaften ändern und an Wirksamkeit verlieren. Wer öfter viele Aufnahmen macht, sollte doch lieber darauf achten, daß seine Mikrokamera auf dem Stand der heutigen Technik ist. Manche elektronische Automatik spart viel Zeit, von der auch Amateure nie genug haben.


Die Grundfunktionen einer Mikrokamera

Dies wird ein kurzes Kapitel, denn eine Mikrokamera braucht nur wenige Grundfunktionen.

  • Eine Vorrichtung, mit der sie am, über oder auf dem Mikroskop befestigt werden kann; (Gewinde, Bajonett, oder separates Stativ mit Lichtabschlußbalgen oder -schleuse).
  • Eine Vorrichtung zum Aufnehmen eines Planfilms, einer beschichteten Foto-Glasplatte, oder eines Kleinbild- oder Rollfilms; im letzten Falle auch eine Vorrichtung zum Weiterdrehen des Films zur nächsten Aufnahme.
  • Eine Filmandruckplatte, die nur rudimentär ausgebildet sein muß, denn der Film muß in einer Mikrokamera nur "einigermaßen" plan liegen.

Das wäre schon alles. Zweckmäßig sind aber doch noch ein Verschluß mit Zeiteinstellungen zwischen mindestens 1 bis 1/100 s, X-Kontakt für Elektronenblitz, Bildzähler, Doppelbelichtungs- und Filmtransportsperre. Mehr braucht es wirklich nicht zu sein. Alles weitere ist Komfort.

    Wer die Mikrofotografie mit einfachsten Kameras probieren möchte, lese die Bauanleitungen bei A. Niklitschek (1937), Soest, Krauter, Stumm.


Das Kameraformat

Das Kleinbildformat (Leica-Format 24 x 36 mm) leistet normalerweise alles, was in der Mikrofotografie gefordert wird. Es gibt aber Sonderfälle, in denen (Einfach-) Kameras im Großformat angebracht sind.

Das Kleinbild hat eine effektive Bildgröße von 23x35 mm und weist bei 30 Linienpaaren/mm 724.500 Bildpunkte auf. Beim Format 6x6 cm (effektiv 57 x 57 mm) sind es 2'924.100 Bildpunkte und beim Format 9 x 12 cm (effektiv 8,3 x 11,4 cm) 8'515.800. Bei einer formatfüllenden Aufnahme bekommen wir mit größerem Format also wesentlich mehr Information (Bildpunkte). Die können wir aber nur dann nutzen, wenn wir stark vergrößern, z. B. für ganzseitige Bilder in Kalendern oder großformatigen Büchern – und wenn wir dabei die förderliche Vergrößerung (max. num. Apertur x 500 bis 1000) nicht zu weit überschreiten. Bei starken Mikroskopvergrößerungen ist das aber der Fall, wir erhalten dann spätestens im nachvergrößerten Papierbild "leere Vergrößerung". Auch macht dann der Informationsverlust durch Lichtbeugung die zusätzlichen Bildpunkte im großen Bildformat wieder zunichte.

Wer dagegen mit Objektiven geringer Maßstabszahl (1:1 bis 5:1 oder mit Lupenobjektiven) großflächige anatomische Tier- und Pflanzenschnitte fotografiert, anschließend davon Vergrößerungen für Ausstellungen oder großformatige Kalender anfertigt, greift besser zum Mittel- oder Großformat von 6 x 6 cm aufwärts.

Für Dias zum Projizieren im Bekanntenkreis, in Lichtbildervorträgen, bei denen es auf den biologischen Bildinhalt ankommt, weniger auf ganz unsichtbares Filmkorn, für Dias im Rahmen unserer Vereinsabende oder als Vorlage für Abbildungen im Mikrokosmos o. ä. reicht Kleinbild (24 x 36 mm) völlig aus, ja ist geradezu ideal. Alle anderen Formate bedingen entweder, daß man seine Filme selbst entwickelt und vergrößert (Minoxformat 0,8 x 1,1 oder 9 x 12 cm z. B.) oder viel Geld ins Fotolabor trägt, denn Vergrößerungsgeräte für das Format 6 x 9 cm oder darüber sind meist nicht in der Amateurdunkelkammer vorhanden. Und ein Kleinbild-Farbdia kostet einschließlich Entwicklung und einfacher Rahmung etwa 35 Pfennige, schon ein 6 x 6-Dia kaum unter DM 2,50 und ein Polaroid-Farbpositiv im Format von ca. 9 x 12 cm zwischen 6,70 und 8 Mark.

    Wenn der Preis die Wahl solcher Materialien und Kameras ausschließt, ist die Kleinbildkamera die beste Wahl.


Die zweckmäßige Kameraausstattung für die Mikro- und Lupenfotografie

Da wir die Kleinbildkamera als die für den Normalfall zweckmäßigste bezeichnet haben, bleibt noch zu klären: Alle Kleinbildkameras? - Im Prinzip ja. Doch ist heutzutage nur die "einäugige" Kleinbild-Spiegelreflexkamera (Single-Lens-Reflex = SLR) mit all den Funktionen ausgestattet, die der Mikrofotograf sich wünschen könnte. Zweckmäßige Sucherkameras mit auswechselbaren Objektiven und ähnlicher Ausstattung sind zur Zeit nicht auf dem Markt. Die folgende Liste nennt und beschreibt sowohl die notwendigen als auch die wünschenswerten Ausstattungsmerkmale einer Mikrokamera, die auch für Makroaufnahmen geeignet ist. So eine "eierlegende Wollmilchsau" wird man zwar schwerlich finden, aber jeder muß für sich selbst entscheiden, bei welchen Funktionen Kompromisse akzeptabel sind.

1. Geringes Gewicht der Kamera entlastet das Mikroskop.

2. Wichtige Bedienelemente und Anzeigen sollten auf der Oberseite des Kameragehäuses, rechts und links vom Prismenaufbau sein; nur dort sind sie an der Kamera auf dem Mikroskop sichtbar. LCD-Displays mit Funktionsanzeigen sind unpraktisch, weil im Halbdämmer schlecht ablesbar und auf dem Kopf stehend.
Korrektureinstellung für Belichtungszeit muß deutlich erkennbar sein. Ebenso Belichtungszeitspeicher für mehrere Aufnahmen, z. B. durch blinkende Leuchtdiode. Sehr praktisch auch auf der Oberseite: Bildzählwerk und Filmtransportkontrolle.

3. Automatik-Funktionen (Belichtungssteuerung, Programmautomatik, vor allem Autofokus) müssen abschaltbar sein. Bei einfacheren Kameras, sogenannten Einsteigermodellen oft nicht möglich! Kameras mit nur Programmautomatik i. d. R. für Mikro oder Makro unbrauchbar. Offenblendenmeßtechnik muß auf Arbeitsblendenmessung umschaltbar sein.

4. Motorischer Filmtransport. Sehr zweckmäßig, weil die Kamera bei Filmweiterschaltung per Hand und nicht ganz "butterweich" gehendem Getriebe oft auf Mikroskopadapter dejustiert wird. Transporthebel muß zu vorsichtig betätigt werden. Dadurch verpaßt man bei beweglichen Objekten manche Gelegenheit. Filmtransportmotor verursacht keine Dejustage.
Viele Kameramodelle haben motorischen Schnelltransport bereits eingebaut. Auch ansetzbare Winder sind nicht zu verachten. Bei ihnen ist der Batteriehalter herausnehmbar und Stromversorgung stationär mit Netztrafo möglich. Mikroskopstativ dann entlastet, weil im Winder nicht sechs AA-Batterien stecken, sondern nur ein Stecker mit dünnem Kabel.

5. Elektromagnetischer Kabelauslöser (EMA). Funktioniert bei manchen Kameras nur, wenn Winder angeflanscht ist, weil die Kabelbuchse im Motorwinder ist. EMA vorteilhaft, weil gewöhnlicher Drahtauslöser oft Erschütterungen auf die Kamera überträgt (Verreißen), und weil man mit einer Hand am Tisch- und der anderen am Fokussiertrieb den Drahtauslöser nur mit einer dritten betreiben könnte. Mundauslöser unhygienisch. Fußauslöser ungeeignet. Erstens tritt man stets zu heftig mit dem Fuß auf, wenn man besonders schnell sein will: Erschütterungen werden übertragen. Zweitens ist man mit dem Fuß zu langsam. Zwar steuert das Rückenmark die Füße blitzschnell, wenn wir stolpern. Sobald aber die Kommandozentrale Gehirn dazwischen geschaltet ist, geht alles langsamer, und die Entfernung vom Kopf bis zum Fuß anstatt nur bis zur Hand verlängert die Reaktionszeit deutlich.
Also: EMA oder drahtlose Infrarot- bzw. Ultraschall-Auslöser. Jeder Systemkamerafabrikant hat einen EMA im Lieferprogramm, auch Hama oder Rowi. Fast alle sind für „Plankton"-Mikroskopiker ungeeignet. Der Auslöser muß nämlich so in der Hand liegen, daß er durch Druck mit kleinem, mittlerem oder Ringfinger ausgelöst werden kann.Eigenbau-Auslöser Daumen und Zeigefinger, evt. auch Ringfinger, liegen ja am Feintrieb. Damit der gut umfaßt werden kann, darf der Auslöser nicht zu unförmig-groß sein, muß ganz in der geschlossenen Handfläche verschwinden. Der Auslöseknopf muß am Ende auf der Breitseite sitzen, nicht am Quer-Kopfende, wo man ihn mit dem Daumen drücken muß, der doch am Feintrieb sein soll. Schiebe- oder Wippschalter sind ungeeignet, am besten ein mit dem Ringfinger leicht eindrückbarer, versenkter Knopf, alles andere läßt sich nicht schnell genug drücken.
Mit meinem eigenen, hier abgebildeten, nehme ich jeden Schnelligkeitswettbewerb auf, mit unverkrampften Fingern. (Aus dem Olympus-OM-Programm)

6. Belichtungszeitkorrektur-Einstellung. Ein Muß! Einfachere Modelle sind oft nur mit "Gegenlichttaste" ausgestattet, mit der man etwa 1˝ Blenden- bzw. Zeitstufen Belichtungsverlängerung einstellen kann. Mit ihr ist nur ein heller Bildhintergrund auszugleichen, aber Korrektur für dunklen Hintergrund (Dunkelfeld) nicht möglich. Zwei, besser drei Zeit- oder Blendenstufen, in halben, besser drittel Stufen, sowohl plus als auch minus. Hilfreich auch, wenn Filmempfindlichkeit manuell einstellbar – nicht nur DX-Automatik. Fehlt eine Belichtungskorrektur-Einstellung, kann man nämlich behelfsweise die Filmempfindlichkeit anders einstellen, aber in der Regel nicht mit DX-Automatik. Die Korrektureinstellung muß auf der Kameraoberseite sichtbar sein, sonst vergißt man, sie zurückzustellen.

7. DX-Abtastung muß abschaltbar sein bei Verwendung von Meterware. Andernfalls muß man selbst magnetische Codierstreifen auf die Filmpatronen kleben.

8. Bracketing-Funktion (von milit. bracket, eingabeln, einklammern durch Artilleriefeuer) ist sehr nützlich. Die Kamera belichtet nach einem einzigen Druck auf den Auslöser automatisch 3 Aufnahmen hintereinander, mit unterschiedlichen Belichtungszeiten.

9. Spotbelichtungsmessung braucht nur, wer unbewegliche Objekte fotografiert. Beim Blitzen von z. B. schnellen Rädertieren ist keine Zeit zum Belichtungsmessen, da hilft nur integral-mittenbetonte TTL-Blitzsteuerung. TTL-Blitzbelichtung nach Spotmessung zur Zeit erst vereinzelt und nur bei teuren Spitzenkameras. Bei Makro- bzw. Lupenfotografie und Makroaufnahmen aus freier Hand ist die selektive oder Spotbelichtungsmessung sehr nützlich, mit oder ohne Blitz. Achtung: Leica-R sind für stationäre Lupen- und Mikrofotografie sehr schwierig zu handhaben bzw. ungeeignet, weil die Selektiv-/Spotmessung durch Druckpunktnahme am Auslöseknopf gespeichert wird; er muß gedrückt gehalten werden, bis die Kamera auf das Motiv ausgerichtet ist. Dann Auslöseknopf ganz durchdrücken zur Aufnahme. Bei Freihandaufnahmen geht das. Wenn aber die Kamera auf dem (Makro-) Stativ oder Mikroskop ist, funktioniert das überhaupt nicht. Der anzumessende, für Belichtung typische Motivteil ist oft nicht in Bildmitte, man muß Kamera verschwenken, um den Spot-Meßkreis im Sucher darauf zu richten; dann messen; Messung durch Druckpunktnahme auf Auslöseknopf fixieren. Aber dort ist ja der Drahtauslöser eingeschraubt, für den Finger ist der Auslöseknopf nicht mehr zugänglich. Ihn am Drahtauslöser vorbei "irgendwie" gedrückt halten, gleichzeitig Kamera auf Makrostativ oder Objekt in vorgesehene Position bringen, dabei mehrere Stellschrauben oder Fokussiertriebe am Balgengerät z. B. betätigen, immer schön Druckpunkt am Auslöser und Auge bei der ganzen Prozedur immer am Sucher (!), Schärfe nachjustieren ... das ist unmöglich. Druckpunktnahme eignet sich nur für Aufnahmen aus der freien Hand. Nach meiner persönlichen, 15-jährigen Erfahrung mit Leica-R ist dieser Punkt gravierend. Spotmessung ist aber bei Makroaufnahmen sehr wichtig.
Die Kamera muß also einen eigenen Knopf für die Speicherung der Spotmessung haben, und nach Druck darauf sollte die gemessene Belichtungszeit bis zur Aufnahme bzw. mindestens 60 Sekunden gespeichert bleiben. Günstig ist auch, wenn für Aufnahmeserien eine Dauerspeicherung einstellbar ist, die nach dem Auslösen für weitere Aufnahmen erhalten bleibt, so lange man will.

10. Bei Kameras, die mehrere Spots messen und die Werte mitteln, ist eine analoge Belichtungszeitanzeige im Sucher praktisch, bzw. eine Digitalanzeige in Form eines Laufbandes, das die Analoganzeige simuliert (wie z. B. bei der Olympus-OM 4 bzw. 4 TI).

11. Viele moderne SLR-Kameras ermitteln die notwendige Belichtungszeit durch Messung auf der Filmoberfläche. Die Meßzellen sitzen meist unten am Kameraboden. Sitzen sie oberhalb des bei Aufnahme hochgeklappten Spiegels, also im Prismengehäuse, muß man den Okulareinblick verschließen können, damit durch ihn kein Licht ins Prismengehäuse fällt und die Messung verfälscht. Bei manchen Kameras, z. B. Olympus OM, kann auch Licht durch die Boden-Buchse für Winderanschluß auf den Film fallen; mit Schraubdeckelchen verschließen, wenn der Motor nicht angeflanscht ist.

12. Ein externes Blitzgerät muß an Buchse oder an Kontakten im Zubehörschuh anschließbar sein, und zwar eines, das TTL-Funktionen der Kamera nutzt.

13. Kurze Blitzsynchronzeit. (Kürzeste Verschlußzeit, bei welcher der Elektronenblitz das ganze Bildformat ausleuchtet. Kameras mit Gummituch-Schlitzverschluß (Leica M, Olympus OM, Minolta X 700) schaffen nur 1/60 s. Besser sind Zeiten um 1/125 bis 1/250 s. Zwei Gründe: 1. Bei längerer Synchronzeit Gefahr, daß ein farblich zu warmes Pilotlicht durchschlägt, die Farbe des Blitzlichtes übertönt und einen Farbstich verursacht. Auch Doppelkonturen bei beweglichen Objekten sind schon gelegentlich beobachtet worden. 2. Es gibt Kameras, deren Elektronik den Blitz nicht auslöst, wenn das Pilotlicht für normale Belichtung mit Synchronzeit 1/60 ausreicht. In diesem Fall Pilotlicht mit Graufilter abdunkeln. Nicht mit Trafo, das ergäbe Farbtemperaturverschiebung in Richtung rötlich. Bei 1/60 s und 100-er Film reicht die gerade ausreichend helle Köhler-Beleuchtung, die Blitzauslösung zu verhindern. Eine deutlich kürzere Synchronzeit wäre also problemloser.

14. Abblendtaste. Ein Muß für Makroaufnahmen mit einem Makroobjektiv. Andernfalls ist die Schärfentiefekontrolle nicht möglich. Preiswerte Kameras ("für Einsteiger") haben i. d. R. keine Abblendtaste; sie fehlt oft sogar in der "oberen Mittelklasse".

15. Die Mikrofotografie-Literatur erwähnt oft, daß Spiegelreflexkameras mit Autofokus (automatischer Scharfeinstellung) für Mikrofotografie ungeeignet sind, weil die Bildschärfe nicht vom Autofokus, sondern per Hand am Mikroskop-Triebknopf eingestellt wird. Stimmt, aber an modernen Autofokuskameras ist die Autofokusfunktion abschaltbar. Autofokuskameras bei vergleichbarer Ausstattung sind heute erheblich billiger als Veteranen "ohne". Zur Verwendung einer Autofokuskamera fehlen eigene Erfahrungen und Berichte. Ich selbst benützte zufrieden Olympus OM 4 TI. Andere Mikrofotofreunde, die ich kenne (Zürich, Stuttgart, Hagen, Berlin) machen es auch so, entweder OM 4 (TI) oder ältere OM 2. Trotzdem Autofokuskamera für Mikrofotografie nicht von vornherein ausschließen - probieren!

16. Automatikprogramme. Nur Zeitsteuerung ist für Mikrofotografie verwendbar. Bei älteren Kameras aufpassen: Kamera nur mit Blendenautomatik, die bei handeingestellter Verschlußzeit Objektivblende steuert, ist für Mikrofotografie absolut ungeeignet, weil es ohne Objektiv am Mikroskop nichts zu steuern gibt. Solche Kameras funktionieren ohne ihre speziellen Objektive - also auf dem Mikroskop - unberechenbar oder überhaupt nicht.

17. Lupenaufnahmen. Kleine, mit einer pinzettenähnlichen Vorrichtung oder auf einem Kugeltisch befestigte Objekte werden oft mit Glasfaser-Kaltlichtleuchten beleuchtet. Der Bildhintergrund versinkt dabei in Schwärze. Bei wissenschaftlichen Aufnahmen ist das oft gewollt. Sofern das beleuchtete Objekt nicht das ganze Bildformat ausfüllt, liegen nicht selbst leuchtende Sucheranzeigen im Dunkeln, müssen dann von innen kräftig beleuchtbar sein. Selbstleuchtende Dioden im Sucher sind nur dann nützlich, wenn sie selbstleuchtende Zahlen (Belichtungszeiten) sind, oder wenn sie als Punkte neben ebenfalls deutlich sichtbaren Zeit-Zahlen leuchten. Leuchtende Punkte neben nur im Hellen sichtbarer Zeitenskala sind für Mikro / Makro am Tischstativ nutzlos, weil die Fotos meist im Dämmerlicht gemacht werden.

18. Lange Belichtungszeiten für Aufnahmen, die nicht geblitzt werden können (Fluoreszenzmikroskopie). Unübertroffen Olympus OM 2 / 4 mit längster reproduzierbarer Zeit von 120 / 240 s. Aber nur bei automatischer Verschlußsteuerung u. Integralmessung! Bei automatischer Steuerung u. Spotmessung reicht der Zeitenbereich mit 100-er Film bei OM 4 TI gerade nur von 1/2000 bis 4 1/2 s! Näheres dazu bei A. Hauck.

19. Robuste Bauweise. Für Mikrofotografie reicht ein einfaches Kunststoffgehäuse, denn auf dem Mikroskop wird Kamera mechanisch nicht beansprucht. Anders bei Makroaufnahmen im Freien und auf dem Tisch. Zwischenringe, Balgengerät und Objektiv werden häufig gewechselt, das Bajonett beansprucht, und Kameras auf kleinen Tischstativen usw. sind "Umfaller". Mechanische Bauteile unterliegen viel höherem Verschleiß als elektronische, deshalb seien moderne Kameras länger gebrauchstüchtig - sagt man. Meine eigene Erfahrung sagt mir etwas ganz anderes. Bekommt die Kamera einen kräftigen Stoß, was oft genug passiert, funktioniert die Präzisionsmechanik danach wie zuvor, aber elektronische Bauteile oft nicht. Kurzschluß, Wackelkontakt auf Belichtungssteuerungsleiterplatte, Kontaktschwächen an gelöteten Kabeln oder im Batteriegehäuse u. v. m. haben mich reichlich Geld gekostet, Mechanik aus Metall noch nie. Zwar verschleißen mechanische Bauteile in 10 oder 15 Jahren erheblich, dann ist sicherlich eine Generalüberholung fällig. Aber ich möchte gerne die verschleißfreien elektronischen Teile erleben, die in dieser Zeitspanne nicht schon mindestens ein Mal ausgetauscht werden mußten.

20. Lithiumbatterien. Vorsicht! Manche Typen sind sehr teuer. Man kann für einen einzigen Batteriensatz glatt einen Fünfziger loswerden. Kameras, die sie brauchen, sollte man meiden. Manche Kameras sind zudem elende Stromfresser!

21. Klarscheibe mit Fadenkreuz. Hierzu folgt ein separates Kapitel.

22. Spiegelvorauslösung. Sehr wünschenswert für die Fotografie von unbeweglichen Objekten. Hierzu folgt ein separates Kapitel.

23. Die linke Hand stützt bei Freihandaufnahmen das Kameraobjektiv von unten und stellt an seinem Fokussierring die Schärfe ein, die rechte umfaßt den Kamerakörper, der Zeigefinger liegt auf dem Auslöseknopf. Das ist die "klassische" Arbeitsteilung bei der SLR. Bei einigen Kameras sind wichtige Bedienelemente links neben dem Prismengehäuse, z. B. Einstellrad für Verschlußzeiten oder Blende (z. B. Contax RTS u. ST). Bei ihnen muß man die linke Hand unterm Objektiv wegnehmen, die Einstellungen auf der Gehäuseoberseite mit ihr machen und dann unters Objektiv zurückführen. Solche Handbewegungen machen Makroaufnahmen von Insekten so gut wie unmöglich, da diese auf alle Querbewegungen (der Hand z. B.) sofort mit Flucht reagieren. Auch ist der Zeitverlust durch zweimaligen Griffwechsel inakzeptabel, bei Landschaftsfotografie noch hinnehmbar, nicht aber bei Makro-Freihandfotografie. Beim TTL-Blitzen entfällt dieses Argument, weil da die Hand am Zeiteneinstellknopf nichts zu suchen hat. (Wer Zeiss-Objektive an einer Contax verwenden will - das Makroobjektiv 60 mm von Carl Zeiss ist wohl das beste dieser Art, das je gebaut wurde - findet in der Produktpalette Contax-/ Kyocera-Yashica auch Kameras, die diesen ungeschickten Designfehler nicht aufweisen.)

24. Gehäusegröße beachten! Makrofreunde stehen, knien, hocken, liegen nicht selten in anstrengenden, verdrehten und verkrampften Positionen "auf der Wiese". Die Kamera, bestückt mit schwerem Blitzgerät, Schienen, Winkeln, Haltern, Kugelköpfen kann dann bei der Freihandjagd nur sicher gehalten werden, wenn die Hand sie voll und fest umgreifen kann. Wer große Hände, lange Finger hat, wähle deshalb kein zu kleines Kameramodell!


Dieser Artikel wurde erstmals in unserer Vereinszeitschrift µ Nr. 15 (Juni 1999) veröffentlicht.



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